Von Salzburg nach Wien
Donnerstag, 22. April 2023 – Etappe 7: Hollenstein an der Ybbs -> Lunz am See (31 km)
Auch in dieser Nacht hatte es nicht geregnet. Das Gewitter zog südwärts an Hollenstein vorbei. Aber es hatte merklich abgekühlt. Als ich um 6:30 Uhr loszog, fröstelte es mich tatsächlich ein wenig.
Ich musste noch immer an das Schild neben dem Frühstücksbüffet denken. Dort stand:
“Bitte seien sie nett zu unserer Bedienung. Noch immer sind Kellner schwerer zu bekommen als Gäste”.
Es ist schon verrückt, wie die Gasbetriebe mit der Personalfindung zu kämpfen haben. Viele Wirtshäuser, Hotels oder Pensionen an denen ich vorbeiwanderte, hatten entweder nur für die Hotelgäste das Restaurant geöffnet oder gar nicht. Sie preisen zwar alle an, dass sie ein Restaurant hätten bzw. geöffnet wäre; wenn man dann aber dort eintrifft ist es trotzdem geschlossen. Dies stellt mich dann oft vor die Herausforderung etwas zum Trinken unterwegs oder Essen am Abend zu finden. Wenn man zu Fuss unterwegs ist, kann man nicht einfach kurz ins Nachbardorf zum Wirt fahren. Glücklicherweise fand ich bis jetzt immer eine akzeptable Lösung.
Mein heutiges Tagesziel war Lunz am See, rund 35 Kilometer nordöstlich von Hollenstein im Herzen der Mostviertler Alpen. Um dahin zu gelangen, folgte ich rund der Hälfte des Weges entlang der Ybbs. Es gibt hier zwar keinen expliziten Wanderweg, doch die Anrainer- und Fahrradwege sind auch gut zu erwandern. Immer wieder gab es die Gelegenheit, sich auf einen Rastplatz mit Blick auf die Ybbs auszuruhen. Der Radweg wird offiziell als der YBR bezeichnet; die Abkürzung für Ybbstalradweg. Dieser 107 Kilometer lange Radweg geht von der Donau bis zum Bergsee, also den See bei Lunz. Als Radfahrer ist dies sicher ein lohnendes und tolles Erlebnis.
Bei der Siedlung Kogelsbach, kurz vor Gösing an der - Ihr wisst ja schon - Ybbs, verliess ich den Radweg und nahm Kurs auf das Ahorntal. Es ging ganz schön bergauf; als Lohn war ich dafür komplett alleine unterwegs. Als auch dort oben die Forstwege aufhörten und nur noch Kuhtrampelpfade den Pfad vorgaben, machte ich eine Brotzeitrast. Es war wunderschön einsam und still.
Hatte ich schon einmal von den beiden “Mitbestreiter”-Typen berichtet, mit welchen sich der Wandersmann so abgeben muss? Zum einen sind dies die kleinen Mücken, welche ständig vor dem Gesicht herumfliegen und sich gerne auf Augenwimpern, Nase oder in die Ohren setzten. Sie fliegen oft im Schwarm und so nahe, dass man sie fast einatmet und verschluckt. Will man diese Plageviecher abwehren, so trifft man sich oft selbst im Gesicht. Die beste Möglichkeit ist, sich einem Luftzug auszusetzen.
Es geht aber noch fieser: Die Gattung nennt sich Bremse. Sie fliegt stetig mit und auch der Wind kann ihr nicht viel anhaben; ausser Du bist an der Küste unterwegs :) Sie versucht sich unbemerkt auf Deinen Beinen oder Armen niederzulassen und sticht dann langsam zu bzw. eigentlich saugen die ja das Blut. Und um es hier in aller Klarheit nochmals mit der Quelle Wikipedia zu zitieren: “Bei den meisten der etwa 4000 Arten saugen nur die Weibchen Blut, während die Männchen Blüten besuchen und Nektar saugen.” Einmal mehr die bösen Weiber also! Was mich jedoch am meisten ärgert ist, dass, wenn sie nicht gleich erfolgreich sind, sie sich fröhlich und entspannt auf den Rucksack setzen, um mitgetragen zu werden, um es dann zu einem späteren Zeitpunkt nochmals zu versuchen. Das musste ich hier einfach mal loswerden.
Je weiter ich ans touristische Lunz am See kam, desto mehr Leute waren anzutreffen. Es war vorbei mit der Ruhe und auch mit dem angenehmen Klima im Wald. Nun war ich wieder auf Asphalt unterwegs und die Temperatur hat die 30er Marke überschritten. Ich tat, was ich in solchen Situationen immer tue; ich suche einen Spar au, um mich mit kühlen Getränken zu versorgen. Dieses Mal kaufte ich viel mehr ein, denn mein heutiger Übernachtungsort, der Biobauernhof Moas, bot kein Nachtessen an; war also eine Bed and Breakfast Übernachtung.
Semmeln mit Fleischkäse, Joghurt, Lunch für den morgigen Tag und ein paar Bier lagen auf dem Kassenförderband. Alles verpackt in einer Kühlhaltetasche, suchte ich anschliessend das Strandbad von Lutz am See auf. Hier wurde erst mal meine Körperhitze dem angenehmen, kühlen See übergeben. Dann wurde gegessen und ausgeruht.
Gegen 18:00 Uhr machte ich mich bereit für die letzten Kilometer des heutigen Tages. Um zu dem Bauernhof zu gelangen, musste ich nochmals 200 Höhenmeter aufsteigen. Kein leichtes Unterfangen in der schwülen Hitze und nach dem chilligen Strandleben vom Nachmittag. Auf dem Bauernhof Moas, erhielt ich ein tolles Zimmer mit Ausblick. Sogar den See konnte ich, vom Balkon aus, sehen. Das Wetter hatte mich müde gemacht und ich ging bald zu Bett.