Von Salzburg nach Wien
Sonntag, 18. April 2023 – Etappe 3: Ebensee -> Grünau im Almtal (35 km)
Eine deutsche Reisegruppe war schneller als ich. Bereits vor 07:00 Uhr stand eine Menschenmenge vor dem noch verschlossenen Frühstücksraum. Um Punkt 07:00 Uhr wurden die Türen dann geöffnet und die Leute, die kurz vor dem verhungern waren, konnten eintreten. Als ob es nicht genug gäbe, wurden die strategischen Plätze wie Kaffeemaschine, Lachs/Schinken/Käse-Buffet und Brot-Ecke sofort in Beschlag genommen. Vermutlich hatten sie vorher noch kurzerhand mit dem Pullover den Sitzplatz im Luxus-Car reserviert.
Um 08:00 Uhr startete auch ich auf einen Luxus-Wanderweg. Denn ausser mir, war niemand unterwegs. Erst später wurde ich von E-Bikefahrern einstweilen überholt. Es war echt verrückt, den beinbetriebene Fahrräder sah ich nirgendwo mehr. Was ist das nur für eine faule Gesellschaft geworden.
Ich gelangte nach Rindbach, von wo ich fortan dem Wanderweg entlang dem fliessenden Namensgeber folgte. Vorbei an den Rindbach Wasserfällen ging es auf den Wanderweg Nr. 430 zur Rindbach Klause und weiter nach Grünanger. Hier war es mit den Rindern und auch den breiten Waldwegen vorbei. Ein wilder Pfad, wie unsereiner es mag, begann. Mein Weg führte auf den Grünanger, mit 1‘025 Meter der höchste Punkt der Wanderung von heute Vormittag.
Wie immer kann es vom höchsten Punkt auf der anderen Seite nur wieder runtergehen. Mein Pfad traf bald auf eine langweilige Forststrasse, welcher ich fortan hinunter zu dem 500 Höhenmeter tiefer liegenden Habernau führte. In der Siedlung, die aus einer handvoll Häusern besteht, hoffte ich irgendwie an Trinkwasser zu kommen. Ich hatte zwar im Auerbach mit meiner Filterflasche Wasser abgefüllt, wenn es aber eine andere Lösung geben sollte, würde ich diese bevorzugen.
Die Lage schien gerettet, als ich auf dem grossen Wanderparkplatz einen Getränkeautomaten erblickte. Sogar Kleingeld führte ich mit und beim Anblick der Almdudler-Werbefotos lief mir schon das Wasser im Munde zusammen. Aber ich hatte mich zu früh gefreut. Die Maschine war komplett leer. Verstört lief ich weiter und traf zufälligerweise auf den Wirt des Jagersimmels. Dies ist ein Gästehaus, welches nur Hotelgäste bedient. Die ganze Anlage war eingezäunt und überall wurde mit Schildern darauf aufmerksam gemacht, dass hier kein Gastronomiebetrieb ist. Freundlicherweise wurde mir aber die Flasche aufgefüllt und ich Schritt weiter, um am nahen Wallibach meine Mittagspause abzuhalten.
Um 14:00 Uhr startete ich zur nächsten Herausforderung: der Aufstieg zum 1’000 Meter höher gelegenen Gipfel Spitzplanegg. Noch wusste ich nicht, was für eine Anstrengung mich erwartete. Damit ich ohne grossen Umweg zu meinem heutigen Übernachtungsdomizil gelang, wählte ich einen auf der Karte strichpunktierten Bergweg, welcher mich direkt durch die Flanke zu einem Durchschlupf auf das Gipfelplateau bringen würde. Anfangs war der Pfad gut sichtbar ausgebaut, jedoch nicht markiert. Der Karte konnte man auch entnehmen, dass die ehemalige Alp nicht mehr bewirtschaftet wird. Das wird schon gehen, dachte ich mir, schliesslich war ich bergerfahren.
Schlussendlich ging es auch. Mit viel Kraft- und 1,5 Stunden mehr Zeitaufwand! Der Pfad war im oberen Teil nicht mehr erkennbar und ich musste mir den Weg im Steilhang teilweise zwischen hohen Gräsern und Brennnesseln selber bahnen. Das Navi half mir dabei sehr. Die ganze Unternehmung kostete mich Zeit und Kraft. Aber ich musste da durch. Es hatte auch seine guten Seiten. So sah ich einige Gämsen und sogar eine schwarze Kreuzotter (giftig und sehr selten zu sehen). Hier ist vermutlich seit Jahren niemand mehr langgegangen. Alle Hütten und Steinbauten sind zwischenzeitlich verwahrlost oder zusammengefallen.
Als ich die Lücke vom Spitzplaneck erreichte, ging es im Laufschritt die Skipiste hinunter. Auf dieser Seite des Berges befindet sich ein Skiresort mit vielen Bergbahnen, Hütten und plattgewälzten Hängen. Kurz nach 18:00 Uhr erreichte ich das Hochberghaus auf der Familienalm. Es war die einzige Unterkunft in der Region, welche ungefähr auf meinem Streckennetz lag. Interessanterweise war ich heute auch der einzige Übernachtungsgast. In dieser Jahreszeit kommen die Leute hauptsächlich an den Wochenenden.
Ich hatte Hunger und Durst. Meine Bestellung bestand aus einem Radler, Knödelsuppe, Salat, Nockerlpfanne mit Speck und Ei, sowie einem Germknödel zum Dessert! Danach war ich so vollgefressen, dass ich trotz der Müdigkeit nicht sofort einschlafen konnte.