Von Bregenz nach Innsbruck

Donnerstag, 17. September 2020 – Etappe 3: Balderschwang - Bad Hindelang (22 km)

Spätes Frühstück war angesagt. Auf dem Boden von Balderschwang gabs erst ab 08:00 Uhr etwas zu futtern. Ich war trotzdem schon um 07:45 Uhr dort, um den Check-Out zu erledigen. Wenig später um 08:30 Uhr war ich startklar.

Es ging gleich steil hoch; und nochmals höher, bis es nicht mehr höher ging. Den Pfad hinauf zum Gelbhansekopf (1'437m) war schnell hinter mich gebracht. Vermutlich zu schnell, denn kaum war der Gipfel erreicht, ging es sogleich auf der Skipiste der anderen Bergseite wieder runter!

Blick zurück zum Gelbhansekopf mit der Skipiste hinunter nach Schwaben (riesiger Wohnmobilparkplatz).
Blick zurück zum Gelbhansekopf mit der Skipiste hinunter nach Schwaben (riesiger Wohnmobilparkplatz).

Ganz schön steil; bergauf sowie bergab. Mit den Skiern hätte es sicherlich doppelt so viel Spass gemacht. Wenig später erreichte ich Schwaben und den Start zu einem der schönsten Etappenabschnitte meiner Wanderung. Zwar ging es erneut erst 400 Höhenmeter der winterlichen Skipiste hoch bis zu Kreuzlealpe, doch dann folgte ein sensationeller Wegabschnitt.

Was hat sich das Touristen- und Wanderbüro wohl dabei gedacht, den Wanderweg der winterlichen, steilen Skipiste hoch bis zur Kreuzlealpe zu führen. Unverständlich; denn selbst ein versierter Wanderer wie ich kommt bei dieser Steilheit zum Schnaufen.


Doch ich war ready, um die Herausforderung anzunehmen und folgte dem nun tollen Wanderpfad bis zum Gipfel des Dreihahnenkopfs. Die Natur in seinen Herbstfarben überwältigte mich. Ich gebe ihr die Schuld an meiner miserablen Wegfindung und der Tatsache, dass ich unnötige Umwege machte. Schliesslich ist Bad Hindelang hinter Sonthofen mein Tagesziel.

Derweilen hatte ich wieder Mobileempfang und schielte auf eine eingehende E-Mail der Firma Exped: "Den goldenen Herbst zu Fuss erleben" war der Betreff. Weiter musste ich nicht lesen, ich war ja bereits dabei. Exped brauchte ich nicht dazu.

Doch es zog sich alles hin. Obwohl ich sportlich unterwegs war, kam ich distanzmässig nicht vorwärts. Immer wieder ging es runter und hinauf, über Hügel und Schluchten kreuz und quer. Und derjenige, welcher vom Mond mit dem Fernrohr hinunterschaut, erkennt, ich bewege mich zwar, komme aber kein Stück näher an Sonthofen.

Erst als ich nach langer Anstrengung die Höllritzer Alpe erreicht hatte, konnte ich auf dem Kies- und der anschliessend asphaltierten Strasse Gas geben. Das Terrain hier gibt einfach keine effiziente Streckenbewältigung her. Viele Tobel und Schluchten zwingen zu ineffizienten Umwegen.

Wunderschöner Streckenabschnitt.
Wunderschöner Streckenabschnitt.

Als ich bei der Schwandalpe eintraf war endlich ein Meilenstein erreicht. Doch der Weg ist noch lange. Oder sollte ich "die Wege" schreiben? Denn es gab unzählige Varianten, um nach Sonthofen zu gelangen. Geeignet und wanderfreundlich - ohne Asphalt - waren jedoch keine.

Nachdem ich gefühlte zwei Stunden dem asphaltierten Talweg gefolgt war und im Schatten einer Busstation eine Trinkpause einlegte, schweifte mein Blick auf den Busfahrplan. In wenigen Minuten würde einer kommen - mit Ziel Sonthofen Bahnhof. Ein verführerisches Angebot, welches keine Zeit zum Nachdenken zuliess. Entweder jetzt Einsteigen oder zwei Stunden Teerstrasse in der Sonne im Wirrwarr der Agglomeration Sonthofen.

Grossartige Herbstfarben!
Grossartige Herbstfarben!

Ich muss dazu noch sagen, dass ich bis dato noch nichts zu Mittag gegessen hatte. Sämtliche Gasthöfe auf dem Weg waren geschlossen (Corona bedingt oder Wirte Sonntag) und ich hatte trotz einigen verzehrten Riegeln keinerlei Energie mehr.

Der Bus kam… also stieg ich ein. Der Busfahrer hatte sich aufgrund von Corona tatsächlich einen Duschvorhang um seinen Sitz gebaut. Drei Euro würde die Fahrt kosten. Ausser mir waren nur noch zwei weitere Gäste im Fahrzeug. Diese versteckten sich schüchtern hinter Ihren Masken.

Um 14:00 Uhr in Sonthofen Downtown Hauptbahnhof angekommen, hatte ich nur noch eines im Kopf: Ein Restaurant, wo es noch was Warmes zu essen gab. Dafür musste ich nicht lange suchen. Das Bamboo Garden fiel beim Aussteigen sogleich ins Blickfeld. Ja, es gibt noch warme Küche (hätte bei einem Asiaten auch nicht anderes erwartet - schliesslich ging es darum, Business zu machen), ich solle doch Platz nehmen, wo es mir beliebt.

Blick nach vorne: Ganz hinten im Tal liegt Sonthofen und Bad Hindelang. Es ist noch ein lange Weg.
Blick nach vorne: Ganz hinten im Tal liegt Sonthofen und Bad Hindelang. Es ist noch ein lange Weg.

Ich war so hungrig und durstig, dass ich meinen, und wohl auch dem Gusto des Restaurants folgte: Suppe, Frühlingsrollen und noch eine grosse pikante Hauptspeise. Wieviel Radler ich dazu getrunken hatte mag ich mich gar nicht mehr erinnern. Ich sass sicherlich zwei Stunden draussen in der Sonne und genoss trotz dem nicht wirklich anschaulichen Bahnhofplatz den Sommer.

Die Sicht auf den Busbahnhof hatte jedoch auch einen Vorteil: Ich machte einen Bus aus, der mich nach Bad Hindelang bringen würde. Gemogelt hatte ich heute sowieso schon und meine müden Beine wurden durch das viele Essen und Radler nicht besser. Schliesslich hatte ich geschätzte 2'000 Höhenmeter hinter mir.

So ein Abendessen wünscht man sich als Wanderer.
So ein Abendessen wünscht man sich als Wanderer.

Die fünfzehnminütige Fahrt zur Busstation Hennenmühle war gerade genügend kurz, dass ich erst bei Ankunft vom vielen Trinken wieder bieseln musste. Dann galt es noch etwa 10 Minuten zu laufen, bis ich den Gasthof Im Wiesengrund erreichte. Dies war eine grosse, aber schöne Hotelanlage für den Tourismus. Im Biergarten galten strenge Corona-Regeln. Überhaupt ging es hier in Deutschland im bayrischen Bundesland, was Corona angeht, sehr diszipliniert zu und her.

Ein wunderbares Abendessen rundete den Tag ab. Noch kurz die verschwitzten Kleider waschen und ab ins Bett. Morgen würde wieder ein anstrengender Wandertag anstehen.

Karte der Etappe 3: Balderschwang - Bad Hindelang (22 km)

Weitere Fotos vom Donnerstag, 17. September 2020