Die Inseldurchquerung
Etappe 3
Pico de la Cruz – Pico de la Nieve, Wanderung entlang dem Kraterrand, 4.25h , TELO
Mit dem ersten Oktober endete unser Aufenthalt im Hotel La Palma Romantica auch schon wieder und wir verluden unser Gepäck in die beiden Autos. Über die kurvenreiche, uns inzwischen schon bestens bekannte Autostrasse LP1, verliessen wir Barlovento in Richtung Westen. In Hoya Grande wechselten wir dann auf die noch mit engeren Kurven versehene Passstrasse LP-4 um nach unzähligen Ricken und Ranken auf den höchsten Punkt der Insel zu gelangen.
Die heutige Etappe startete genau an der Stelle, wo Olli gestern mit Luca den steilen Aufstieg zur Cumbre de los Andenes beendete; auf dem Parkplatz des Mirador de los Andenes. Doch vorher fuhren wir mit beiden Autos zu unserem heutigen Tagesziel, der Parkplatz des Pico de la Nieve, um mit dem zweiten Auto die Rückfahrt zu sichern. Auf dem ungepflasterten Forstweg gelangten wir von der LP-4 noch ein wenig höher, ehe die Strasse zu steinig wurde. Dann parkten wir den einen Wagen und fuhren zum beschriebenen Startort.
Wir befanden uns hier auf gut zweitausend Meter Höhe und es ging eine kalte Biese. Mit Faserpelz und Windjacke bekleidet, starteten wir auf dem gut ausgebauten Weg entlang der Caldera de Taburiente. Der Himmel war mit leichten, hoch gelegenen Wolken bedeckt; dafür die Aussicht nebelfrei! Der Tiefblick in die Caldera begleitete uns ab jetzt auf der ganzen Wanderung dem Kraterrand entlang.
Es fällt uns schwer diese unglaubliche Aussicht in die unzähligen Schluchten der zerrissenen Kessel der Playa de Taburiente und deren riesigen Krater zu beschreiben. Uns kam beim Anblick der Steinlandschaft sogleich der Bryce Canyon im amerikanischen Utah in den Sinn.
Die heutige Route führte uns wie eingehend erwähnt auf den Pico de Nieve (2‘238m). Unterwegs nahmen wir auf dem Weg einige Gipfel wie den Pico del la Cruz (2‘351m), Piedra Llana (2‘322m) und Lomo de Pablo (2‘252m) mit. Eine erste Pause machten wir in der Nähe von El Contillón, die zweite auf dem Pico de Nieve, auf welchem wir am Gipfel vom starken Wind fast weggeblasen wurden. Das Mittagessen wurde da auch mit einem geflügelten Gast geteilt (siehe Fotos).
Die Tiefblicke wurden nun immer spektakulärer. Wie aus der Vogelperspektive schauten wir hinab auf das weite Geröllband an der Playa de Taburiente. Dahinter, fast schon als Insel für sich, die Cumbre Vieja mit ihren Vulkankegeln.
Der Abstieg hinunter zu unserem Auto führte durch einen bezaubernden Kiefernwald. Auf dem Weg sammelten wir deren Zapfen, bereits mit dem Gedanken, dass Weihnachten bald vor der Türe stehen wird, und diese als Dekorationen bestens dienen können.
Erwähnen muss man an dieser Stelle auch, dass Emilia wiederum den ganzen Weg alleine hinter sich gebracht hatte und Luca anständig im Rucksack mitschaukelte!
Kurz vor 16:00 Uhr erreichten wir – für heute einmal relaxed – das Auto. Doch wo war schon wieder der Schlüssel dazu? Nach dem Durchforsten der verschiedenen Taschen war es klar: Er musste sich im anderen Auto vorne im Handschuhfach befinden! So ein Mist, wie konnte das nur passieren? Wieso haben wir nicht daran gedacht?!!??
Ich überlegte nicht lange, gestand meinen Fehler ein, nahm eine Flasche Wasser in die Hand und lief los. Die Hoffnung bestand darin, mittels Autostopp bei irgendjemanden mitzufahren. Doch erst musste ein Auto (mit freiem Platz) vorbei kommen. Denn hier oben konnte man teilweise stundenlang alleine umherirren, ohne dass man auf irgendjemanden traf.
Auf dem Hauptparkplatz an der LP4 standen drei verlassene Autos. Für die Rückkehr anderer Wanderer war es noch zu früh. So lief ich auf der steilen Teerstrasse in Richtung des parkierten Autos los. Zu Fuss würde diese Distanz locker zweieinhalb Stunden dauern; vermutlich länger. Bis dahin würden die Kinder und Tanja höchstwahrscheinlich verrückt werden, vor allem auch, weil da wo sie warteten, kein Handyempfang war. Ich musste also das erste Auto, welches kam, zum Anhalten bewegen.
Nach etwa zehn Minuten war es soweit. Ein verrosteter Pickup mühte sich die Strasse hoch. Darin sassen zwei Jäger und auf der gedeckten Ladefläche befanden sich 10 Spürhunde. Mit ausgestreckten Armen stellte ich mich mitten auf die Strasse. Der Wagen hielt und die zwei schauten den merkwürdigen Wanderer ohne Rucksack an. Sie konnten weder Englisch noch Deutsch. In stark gebrochenem Spanisch erklärte ich ihnen, dass meine Frau den Knöchel verstaucht hatte und ich jetzt auf dem Weg bin, um mein Auto, welches etwas höher parkiert war, abzuholen.
Sie sagten ich solle doch laufen; ich wäre doch schliesslich zum wandern hier. Doch ich erläuterte, dass mein „Coche“ eben sehr weit weg ist. Da konnte ich einsteigen. Sogar den Beifahrersitz bekam ich zu ehren. Je weiter wir schliesslich hochfuhren, desto öfters kam die Frage, wo sich mein Auto denn befinden würde. Ich deutete dann immer mit der Hand ganz an den Horizont.
Ab und zu wechselten die zwei einige Sätze. Doch ihr Spanisch verstand ich nicht. Irgendwann hielten wir an und der eine Jäger stieg aus. Die Hunde wurden mit Gejaule und Gebelle freigelassen und nahmen verschiedene Spuren auf.
Das „Tranquillo“ des Fahrers verstand ich hingegen wieder. Er würde hier alles abladen und mich danach bis zu meinem Auto fahren. Wenig später trafen wir schliesslich beim Parkplatz ein. Ich bedankte mich tausendmal und wünschte ihm alles Gute. Dann schaute ich nach dem Schlüssel des anderen Autos, welcher genau da war, wo ich ihn im Handschuhfach liegen gelassen hatte.
Nach etwa einer Stunde kam ich bei Tanja und den Kindern wieder an. Diese überbrückten die Zeit mit verschiedenen Spielen: Zapfen suchen, Feuerstellen bauen, Steine sammeln etc.
Wir verstauten unser Gepäck in die zwei Autos. Vor uns stand noch eine sehr lange Heimfahrt zum Casa Soluna. Hinunter nach Santa Cruz, hinauf nach Breña Alta, durch den Tunnel nach El Paso und schliesslich zurück nach Todoque. Klar wollten wir heute nicht mehr kochen. Wir suchten jedoch sehr lange, bis wir ein offenes, uns passendes Restaurant fanden. In dem sehr guten Altamira wurden wir schliesslich fündig und schlossen mit wirklich sehr braven Kindern bei einem spanischen Spezialitätenessen mit gutem Wein den Tag ab. Morgen war ein Ruhetag angesagt, wir freuten uns auf die Betten!
Karte Etappe 3
Anmerkung
Der drauffolgende Freitag, 10. Oktober 2015, war ein Wander-Ruhetag. Mit frischen Croissants aus dem Tante Emma Laden starteten wir die Erholung. Neben dem Kleiderwaschen war noch genügend Zeit für Spiele im Garten, Relaxen auf der Liege und Plantschen im Pool. Doch bereits am Folgetag ging unsere Inseldurchquerung weiter. Daher fuhren wir noch heute mit dem Auto auf den Montaña de la Venta (1506m) und parkten das eine Auto beim Refugio El Pilar. Der Freizeit- und Picknickplatz im lichten Kiefernwald stellte das morgige Tagesziel dar.