Inseltrekking auf La Gomera

Mittwoch, 1. September 2010

Heute startete endlich unser 8-tägiges Trekking. Die erste Etappe sollte zugleich die anstrengendste werden. Ob das gut kommt?

Tanja wollte früh starten und so liefen wir um 07:30 Uhr los. Dies war zwar nicht früh, doch wenn man bedenkt, dass es erst um ca. 07:00 Uhr hell wird ganz ok. Wir zottelten also vom Playa de Valle Gran Rey in Richtung La Calera los. Es ging stetig bergauf. Den ersten Halt machten wir bei der Ermitage de los Reys. Ein schöner Ort mit leider verschlossener Kirchentüre. Wir breiteten Emilias Decke aus und liessen sie rumkrabbeln. Unser Frühstück bestand aus frischen Bananen und Sandwiches, es stärkte uns bevor es zu den Häusern von El Hornilo weiterging.

Die erste Pause bei der Ermitage de los Reys
Die erste Pause bei der Ermitage de los Reys

Wir hatten Glück, denn sie Sonne drang auf unserer Talseite noch nicht ein und wir konnten angenehm im Schatten gehen. Nicht, dass wir da nicht schwitzten; nein schliesslich hatten wir schwere Rucksäcke: Tanja trug Emilia und diverse Utensilien mit rund 15 kg Gewicht, und ich einen fetten Rucksack mit 25 kg. Ganz markant und weil im Rucksack kein Platz mehr war, schnallte ich die Windeln am Rucksack hinten dran, so dass jeder schmunzeln musste, der an uns vorbei ging.

Der Blick zurück zur Küste. Wir hatten schon einige Höhenmeter zurück gelegt.
Der Blick zurück zur Küste. Wir hatten schon einige Höhenmeter zurück gelegt.

Der Weg bis Lomo del Balo verlief meist auf Kies- und Teerstrassen. Erst ab hier wurde daraus ein Bergweg. Da Emilia im Rucksack schlief, entschieden wir uns gleich den Aufstieg von 500 Höhenmetern in Angriff zu nehmen. Nach ein-, zweimal Verlaufen fragten wir einen Bauern, der zufällig auf einem Feld neben uns arbeitete, und fanden schliesslich den richtigen Weg. Er meinte allerdings, dass dieser Weg viel zu gefährlich und mit Baby unmöglich sei. Wir liessen uns dennoch nicht entmutigen. Jedoch merkten wir schnell, dass er nicht so unrecht hatte, denn der Weg war in einem sehr schlechten Zustand und viele Passagen waren verwachsen und liessen ein einfaches Durchkommen nicht zu.

Hinter dieser Hügelkette verstecke sich unser heutiges Tagesziel
Hinter dieser Hügelkette verstecke sich unser heutiges Tagesziel

Nach einer Weile kratzte und juckte auf einmal unser ganzer Körper. Wir entdeckten schliesslich, dass unsere Arme und Beine komplett mit kleinen feinen Kaktusstacheln versetzt waren. Vermutlich streiften wir die hier zahlreich vorkommenden Kakteen beim Vorbeigehen und diese hafteten sich gleich an uns fest. Nun galt es diese mit der Pinzette wieder zu entfernen was eine stiefmütterliche Arbeit war. Bei Tanja ging das um einiges schneller, denn sie hatte nicht so viele, aber bei mir! Nicht das Arme und Beine genug waren, nein auch mein Hintern war übersät mit diesen fiesen kleinen und kaum sichtbaren Nädelchen. Fast eine Stunde versuchte Tanja alle Nadeln mit der Pinzette auszureisen, doch meist brachen die Stacheln ab und blieben unter der Haut stecken – autsch…

Vollbepackt im Land der Kakteen
Vollbepackt im Land der Kakteen

Emilia schlief in der Zwischenzeit schon lange nicht mehr. Sie wurde unruhig und wir fanden in diesem Aufstieg einfach keinen Schattenplatz, um eine Pause einzulegen. Schneller stiegen wir empor, in der Hoffnung, einen Schattenplaz zu finden.

Das Gebüsch wurde immer dichter und teilweise war es unmöglich durchzukommen. Es war ziemlich gefährlich, da es rechts von uns steil hinunterging und man extreme Trittsicherheit haben musste – und das in diesem Dickicht ohne richtigen Weg. Mit den Wanderstecken schlug ich die stacheligen Hecken nieder, damit auch Tanja mit Emilia auf dem Rücken hindurchkam. Der Weg, den es schon lange nicht mehr gab, war unendlich mühsam und unübersichtlich. Wie oft wir vom Weg abkamen und uns verliefen, weiss ich nicht mehr. Als wir schon fast neun Stunden unterwegs waren, wir den Weg wieder einmal nicht fanden und ich zwanzig Minuten auf der Suche nach dem richtigen war, kam ich zurück und hörte das Gebrüll von Emilia. Tanja versuchte sie zu beruhigen und schnautze mich an, dass sie sich das so nicht vorgestellt hatte. Das ist kein Wandern mehr, das ist „Schinderei“, ausserdem gefährlich und bei über vierzig Grad in der prallen Sonne verantwortungslos gegenüber unserem zehn Monate alten Baby. Sie war stinksauer.

Der wunderbare Blick ins Valle Gran Rey. Was hatten wir schon alles zurück gelegt.
Der wunderbare Blick ins Valle Gran Rey. Was hatten wir schon alles zurück gelegt.

Erst als wir fast alle Höhenmeter hinter uns hatten, fanden wir in einer Höhle endlich Schutz vor der Sonne. Hier wurde dann eine ausgiebige Siesta eingelegt. Unsere Beine und Arme waren in der Zwischenzeit total von den wuchernden Büschen verkratzt und uns tat alles weh. Wir waren fix und fertig und wollten einfach nur noch die Augen kurz zumachen. Zudem war es mit 40 Grad Celsius extrem heiss. Emilia hingegen war wieder quietschfidel. Sie war im Rucksack mit langen Hosen sowie einem Sonnendach gut vor Sonne und Gebüsch geschützt. Ausserdem genoss sie die Pause, um herumzukrabbeln und zu spielen. Wir wechselten uns mit dem Babysitten ab, damit jeder wenigsten fünfzehn Minuten ein kleines Nickerchen machen konnte.

Eine verdiente Pause
Eine verdiente Pause

Ausgeruht? Na ja?! Wir gingen also weiter. Das letzte Stück nach Las Hayas kam uns unglaublich lange vor. Die Sonne prallte gnadenlos auf uns runter und wir hatten Durst ohne Ende. Langsam ging uns der Wasservorrat aus…

Nach weiteren zwei Stunden endlich… erreichten wir das Casa Efigenia – auch Casa Montaña genannt – und trafen dort auf die Señora Efigenia, die es gar nicht glauben konnte, dass wir mit Baby unterwegs waren. Unser Appartement lag ein wenig unter dem Restaurant und hatte eine super Gartenterrasse mit grandioser Aussicht.

Endlich - eine Höhle bietet Schatten und lädt zum Ruhen ein.
Endlich - eine Höhle bietet Schatten und lädt zum Ruhen ein.

Nach einer lang ersehnten, erfrischenden (und verdienten!!!) Cola und einigen weiteren Litern Mineralwasser, zogen wir uns zum Ausruhen bis zum Abendessen zurück. Zum Glück war das Restaurant geöffnet und wir bekamen das bekannte Menu der Señora Efigenia. Seit über 30 Jahren schon bewirtet sie ihre Gäste mit immer dem gleichen Menü. Vorweg gab es einen schlichten, aber köstlichen Salat mit Avocado, Apfel und Banane; dann folgte ein deftiger mit Bohnen und Kichererbsen angereicherter Gofio mit scharf gewürzter Mojo-Sosse. Hauptspeise war ein deftiger Gemüseeintopf aus Kohl, Karotten, Kartoffeln, Süsskartoffeln und Kürbis. Die Menüs bei Efigenia sind stets vegetarisch und alle Zutaten stammen aus dem hauseigenen Garten.

Endlich! Doch noch geschafft :)
Endlich! Doch noch geschafft :)

Weitere Fotos vom Mittwoch, 1. September 2010

Donnerstag, 2. September 2010

Eine ruhige, gemütliche und kühlere Nacht lag hinter uns. Draussen windete es stark und grosse Wolkenfetzen zogen vorbei. Auf 09:00 Uhr hatten wir im Restaurant Frühstück bestellt. Es gab Kaffee, Brot, Konfitüre und eine grossen Empanada (gefüllte Teigtasche). Auf den Weg bekamen wir noch Orangen, gedörrte Feigen und knackige Birnen aus dem Garten mit. Alles lieb gemeint, doch mein Rucksack war danach noch schwerer…

Wir verabschieden uns von Señora Efigenia
Wir verabschieden uns von Señora Efigenia

Der Wind liess langsam nach als wir altiplano auf dem Wanderweg nach Arure starteten. Der PRLG 11 war ein gut ausgebauter Wanderweg, welcher durch Wälder und Landwirtschaftsgebiete führte. Trauben, Dattel, Feigen und Mangos waren die Haupteinnahmequellen der Bauern hier. So hatten wir uns das Wandern auf Gomera vorgestellt.

Bereits nach einer Stunde erreichten wir Arure, wo wir in der Bar Conchita einkehrten und Sandwiches für das Mittagessen einpacken liessen. Auch hier hatten die Leute alle Freude, als sie Emilia im Rucksack entdeckten. Bald war sie der Mittelpunkt der Bar. Zusammen mit Rosaria, der jungen Frau an der Bar, stand sie auf der Theke und bediente den Bierhahn! Bestimmt eine halbe Stunde trug Rosaria sie neben ihrer Arbeit umher und spielte mit ihr, während wir gemütlich die Sandwiches assen.

Was für eine bezaubernde Landschaft!
Was für eine bezaubernde Landschaft!

Weiter ging es zur Ermitage San Isidro, wo wir den grandiosen Wanderweg durch die Steilwand Jolgao Gamonal starteten. Dieser Wegabschnitt war grandios und nicht gerade ungefährlich! Von da oben hatten wir einen phantastischen Tiefblick auf die Küste und die Ortschaften Tagaluche und später auf Alojera. Leider begann Tanjas rechtes Knie zu Schmerzen. Vermutlich war der gestrige lange Tag mit dem Gewicht eine Überbelastung. Es war wahrscheinlich auch der Zeitpunkt, als die Kortisonspritze gegen die Schleimbeutelentzündung, die Tanja noch zu Hause bekommen hat, nachliess.

Emilia war überall willkommen. Natürlich wurde die Handhabung mit dem Bierhan gelernt!
Emilia war überall willkommen. Natürlich wurde die Handhabung mit dem Bierhan gelernt!

Unsere Mittagsrast machten wir unter einer grossen Palme, wo wir im Schatten die kühle Brise und die Aussicht genossen. Emilias Windeln wurden wieder einmal gewechselt und wir liessen uns die frischen Früchte von Efigenia schmecken.

Um nach Alojera zu gelangen, mussten wir über 600 Höhenmeter absteigen. Tanja spürte ihr entzündetes Knie immer stärker. Ein Durchbiegen war bald nicht mehr möglich und so kamen wir nur sehr langsam vorwärts. Aufgrund dieser Probleme konnten wir die schöne Ortschaft gar nicht richtig geniessen. Alojera ist ein im Tal weit verstreutes Dörfchen mit viel Landwirtschaft und unzähligen Palmen.

An der Steilwand Jolgao Gamonal
An der Steilwand Jolgao Gamonal

Da wir nicht genau wussten, wo unser reserviertes Appartement lag, mussten wir uns durchfragen. Unglücklicherweise lag es fast am Playa und wir mussten nochmals 200 Höhenmeter absteigen. Doch die Mühe hatte sich gelohnt! Unser Casa Rosario war mehr als ein Haus; es glich eher einer kleinen Villa! Wie eine Festung erhob es sich oberhalb des Meeres. Von der Terrasse sah man direkt zum Strand hinunter und später auf die untergehende Sonne. Ein Traum!

Windelwechel unter der Palme.
Windelwechel unter der Palme.

Doch als erstes war Duschen angesagt. Von der Señora Rosario erhielten wir einige Informationen über den Ort, wo man Einkehren konnte, ob ein Arzt im Dorf praktizierte und wo man Getränke kaufen konnte. Alojera war mit 300 Einwohnern sehr klein. Das nächste Gesundheitszentrum war in Vallehermoso, dem Etappenziel von Morgen. Momentan konnten wir also nichts für Tanjas Knie unternehmen. Die morgige Wanderung würde sie in diesem Zustand nicht schaffen und so versuchten wir einen Transfer für Tanja und Emilia nach Vallehermoso zu organisieren, was gar nicht so einfach war.

Ausblick von unserem Rastplatz
Ausblick von unserem Rastplatz

Die Señora gab uns zwei Telefonnummern von Privatpersonen, die auch Taxifahren. Leider mussten alle arbeiten und fuhren Taxi nur nebenbei. Tanja fragte beide, wo sie denn arbeiten würden und liess nicht mehr locker, als einer sagte, in Vallehermoso. Schliesslich erklärte er sich bereit, meine beiden Damen für 10 € mitzunehmen. Er würde um 07:30 Uhr vor dem Appartement stehen.

Das einzige Restaurant in Alojera befand sich am Playa und Taxis gab es ja keine. Also, zu weit weg, um mit Tanja dorthin zu gehen. Wir entschlossen uns, selbst zu kochen, denn eine grosse Küche hatten wir ja und der kleine Einkaufsladen befand sich gleich nebenan. „La Tienda“ sollte nach der Siesta wieder öffnen; so um 18:00 Uhr rum sagte man uns. Um halb sieben kamen schliesslich die Besitzer. Pünktlichkeit war hier relativ – aber OK für uns. Schliesslich waren wir ja in den Ferien!

Im Laden versuchte Emilia erneut etwas zu klauen. Nachdem sie in den letzen Tagen in diversen Restaurants Löffel und Gabeln mitgehen liess, wollte sie dieses Mal ein rohes Ei stibitzen!

Unser Zielort: Alojera
Unser Zielort: Alojera

Zum Abendessen kochte Tanja Spaghetti mit Salami und Paprika. Emilia krabbelte derweilen wild in der Wohnung und auf der riesigen Terrasse umher. Sie konnte nun zügig vorwärts und rückwärts krabbeln und sich überall hochziehen. Es galt nun noch mehr aufzupassen, dass sie nichts runter riss oder sonst etwas anstellte. Um ein Haar wäre meine Kamera kaputt gegangen. Sie zog so lange am Fuss des Stativs, bis der Fotoapparat auf den Steinboden runterflog. Zum Glück war sie nicht im Weg und nur der UV-Filter zerbrochen.

Entspannen auf der Terrasse des Casa Rosario
Entspannen auf der Terrasse des Casa Rosario

Der Sonnenuntergang war eine Wucht! Schöner kann man sich dies gar nicht vorstellen. Wir fühlten uns auf der grossen Terrasse richtig privilegiert und genossen unseren Apéro zu dritt!

Weitere Fotos vom Donnerstag, 2. September 2010

Freitag, 3. September 2010

Früh Aufstehen war angesagt. Josélito’s Arbeitstag begann um 07:30 Uhr und so holte er Tanja und Emilia für den Transfer nach Vallehermoso ab. Ich machte mich derweilen auf, meine Sachen für die Wanderung bereit zu stellen. Da Tanja nicht zwei Rucksäcke plus Emilia tragen konnte, hatte ich trotzdem die volle Last für die Tagesetappe.

Ich startete um 08:30 Uhr. Zuerst musste der Akku meines Handys noch vollgeladen werden, denn Tanja und ich wollten unbedingt in Kontakt bleiben. Die ersten Höhenmeter bis zum Plaza der Dorfmitte waren hart. Der Schweiss drang schon aus allen Poren und das T-Shirt war bereits durchnässt. Am Ortsausgang kam ich bei einer Bäckerei vorbei aus der es köstlich duftete. Da musste ich sogleich eine erste kurze Pause einlegen, um etwas zu knabbern.

Mein Weg durch die Palmenlandschaft
Mein Weg durch die Palmenlandschaft

Ab hier lief es mit mir dann besser. Ich konnte einen Trott finden und gleichmässig Gehen. Die kommenden 600 Höhenmeter erfolgten auf der Strasse oder über viele Treppenstufen. Der schwere Rucksack veranlasste mich immer wieder eine Verschnaufpause einzulegen und die herrliche Aussicht zu geniessen.

Schon nach einigen Stunden lagen viele Höhenmeter hinter mir.
Schon nach einigen Stunden lagen viele Höhenmeter hinter mir.

Derweilen auf dem Fahrtweg nach Vallehermoso (Tanja erzählt):

Mit Emilia auf dem Schoss, die ich fest umklammerte, wackelten wir mit 50 km/h in dem alten und klapprigen Wagen die Serpentinenstrassen in Richtung Vallehermoso. Da es auf dieser Strecke kaum öffentliche Verkehrsmittel gab, nahm unser Chauffeur auch noch eine ältere Dame namens Carmen mit, die ebenfalls ins Krankenzentrum in Vallehermoso musste. So tuckerten wir schliesslich knapp eine Stunde später in Vallehermoso ein. José liess uns direkt am Centro Salud aussteigen. Ich bedankte mich, bezahlte und humpelte mit Emilia und Carmen ins Krankenhaus. Ich meldete mich an und ging dann ins Wartezimmer, wo Emilia alle Wartenden unterhielt und von Hand zu Hand gereicht wurde. Hier sagte sie auch das erste Mal „Hola“. Dementsprechend waren alle aus dem Häuschen. Ich wollte doch nur eine kleine Spritze, die die Schmerzen verschwinden liess. So eine wie in der Heimat. Nachdem wir allerdings über eine Stunde gewartet hatten, hiess es nur, dass man mir nicht weiterhelfen könnte und dass eine Spritze ins Knie nur im Krankenhaus in San Sebastian gemacht werden würde, denn dort wären auch die Spezialisten.

Um 11:00 Uhr erreichte ich Epina und nahm im Panoramarestaurant Los Chorros de Epina einen Kaffee mit Donut. Dann begann der Abstieg nach Vallehermoso, und damit einer der schönsten Wegabschnitte der Insel. Riesige Kakteen, dichter Wald und prächtige Ausblicke folgten aufeinander. Immer wieder musste ich Anhalten und über die Bergmassive ins Tal hinunter schauen. Bei diesen Panoramen schmerzten auch die Füsse nicht mehr so, die unter dem Gewicht des Rucksackes beim Abstieg arg belastet wurden.

Kakteenpracht
Kakteenpracht

Bald konnte ich Vallehermoso erkennen, welches unter dem markanten Felsen Roque Cano lag. Dahinter folgte das blaue Meer. Im Dunst konnte ich sogar die Nachbarinsel Teneriffa mit dem 3718m hohen Teide erkennen. Punkt 13:00 Uhr traf ich im Zimmer Nr. 4 des Hotels Tamahuche ein. Tanja und Emilia hatten gerade einen Mittagsschlaf hinter sich. Ich duschte und zog mich sogleich wieder an. Auf ging es nach San Sebastian ins Krankenhaus. Mit dem Bus fuhren wir nach Hermigua, wo eine Autovermietstation war, um ein Auto für die nächsten Tage zu mieten. Mit dem Taxi nach San Sebastian hätten wir zirka 40€  bezahlt, mit dem Bus war es zu mühsam und der Mietwagen kostete gerade mal 22€ pro Tag. Was wir dafür bekamen, wussten wir allerdings noch nicht.

Blick auf die Berglandschaft von Gomera. Es lag noch einiges vor uns!
Blick auf die Berglandschaft von Gomera. Es lag noch einiges vor uns!

Die unfreundliche Señora der Autovermietung störten wir gerade beim Mittagessen (um 15:00 Uhr), obwohl wir uns vorher angemeldet hatten. Schnell, schnell füllte sie den Vertrag aus, belastete unsere Kreditkarte und drückte uns einen mit Spinnweben verzierten Kindersitz in die Hand. Diesen sollten wir selbst installieren – sie hätte sowas noch nie gemacht und keine Ahnung davon. Wir waren nun im Besitz unseres neuen Mietautos: verbeult, verkratzt, dreckig und ohne Benzin. Andere Länder – andere Sitten.

Der Weg hinunter nach Vallehermoso
Der Weg hinunter nach Vallehermoso

Wir begaben uns also auf unsere Odyssee nach San Sebastian. Im Reiseführer machten wir das Hospital in San Sebastian ausfindig. Als wir dort ankamen führte uns die Ausschilderung geradewegs zum Krankenhaus. Doch irgendwie war da keine Menschenseele unterwegs. Wir gingen zum Eingang, doch davor lag eine Menge Laub und die Türen waren verschlossen. Das war also nicht mehr in Betrieb... Am Strassenrand fragten wir eine alte Dame, wo denn das Krankenhaus sei, aber irgendwie haben wir sie nicht verstanden und wir mussten nochmals jemanden fragen, bevor wir dieses schliesslich fanden und ankamen. Dachten wir! Aber es war nur ein weiteres Centro Salud, welches in der gleichen Strasse lag wie das Hospital. Wir fuhren also weiter und schliesslich haben wir es doch noch gefunden. Erst im April, also vier Monate vorher, wurde das neue Krankenhaus eröffnet. Bei 35 Grad Celsius machte sich die mittlerweile gestresste Familie Güthlin auf zur Notaufnahme in der Hoffnung, eine Spritze für Tanjas Knie zu bekommen, um die Wanderung fortführen zu können.

Unsere Unterkunft in Vallehermoso
Unsere Unterkunft in Vallehermoso

Derweilen im Nuestra Señora de Guadalupe Krankenhaus in San Sebastian (Tanja erzählt): Während Olli und Emilia im gekühlten Warteraum ausharrten, erklärte ich bereits dem dritten Assistenzarzt mein Leiden bevor ich endlich zum diensthabenden Arzt kam. Nachdem ich an diesem Tag bereits zum sechsten Mal erklärt hatte, was mit fehlte, ging es diesmal ziemlich flott und ich kam gleich zum Punkt. Mittelweile war ich fit, wenn es um die spanische Übersetzung von Schleimbeutelentzündung, Gelenkschmerzen etc. ging.

Warten im Krankenhaus
Warten im Krankenhaus

Nachdem ich den Arzt drei- oder viermal gebeten hatte, mir doch eine Spritze zu geben, erklärte dieser, dass es vielleicht bei einem privaten Arzt möglich wäre, dass man aber hier nicht einfach was spritzen würde, wenn man wieder laufen möchte. Die Schmerzen seien dann vielleicht weg, aber die Entzündung trotzdem nicht ausgeheilt. Ja gut, irgendwie hat er da schon recht. Er tastete also ein bisschen das Knie ab und verschrieb mir drei verschiedene Medikamente gegen die Schmerzen und die Entzündung. Danach kam ein Pfleger und legte mir eine seltsame Binde um das Knie, die wie es schien, aber für nichts gut war. Zudem wurde mir Ruhe verschrieben. Wie bringe ich das Olli nur bei? Er meinte, ich solle mich bloss nicht mit Schmerzmitteln abwimmeln lassen, sondern mir eine Spritze geben lassen, die mir wirklich hilft. So eben wie zu Hause. Begeistert war er nicht als ich zurückkam und auch ich war total enttäuscht, denn es sollte doch ein Wanderurlaub werden….

Auf dem Weg nach San Sebastian hatten wir tolle Ausblicke auf Teneriffa und den Teide
Auf dem Weg nach San Sebastian hatten wir tolle Ausblicke auf Teneriffa und den Teide

Jetzt hiess es einen Plan B aufzustellen, denn mittlerweile musste auch Olli eingestehen, dass die Wanderungen, die er geplant hatte, nicht unbedingt einfach und genüsslich zu schaffen seien. Die Berge Gomeras waren aufgrund der vielen, zum Teil sehr strengen Auf- und Abstiege bzw. Höhenmeter und der brütenden Hitze, die tagsüber herrschte, nicht leicht zu bezwingen. Schon gar nicht, wenn der eine 25 kg und der andere 15 kg auf dem Buckel zu schleppen hatte und man zudem noch mit einem zehn Monate alten Baby unterwegs war.

Auch Emilia hatte am Ende des Tages einen Saudurst!
Auch Emilia hatte am Ende des Tages einen Saudurst!

Als wir schliesslich um 20:30 Uhr von San Sebastian wieder zurück in Vallehermoso waren, wollten wir nur noch eines: Essen! Wir beide hatten den ganzen Tag noch nichts in den Magen bekommen und waren doch den lieben langen Tag auf den Beinen. Doch auch bei den Restaurants in Vallehermoso hatten wir nicht wirklich Glück. Drei Restaurants waren geschlossen bzw. gab es nichts mehr und in einem wurden wir so unfreundlich „empfangen und bedient“, dass wir wieder ohne etwas zu essen rausgingen. Schliesslich fanden wir dann doch noch was Gutes – der Abend war gerettet.

Weitere Fotos vom Freitag, 3. September 2010

Samstag, 4. September 2010

Heute war ein Ruhetag angesagt. Die geplante Wanderung zum Strand von Vallehermoso unternahmen wir mit dem Auto. Doch erst machten wir einen Ausflug nach Las Rosas und zum Centro de Visitantes Juego de Bolas. Wir wollten unter anderem herausfinden, wo der Wanderweg in etwa entlang ging, und wie weit die Strecke wirklich ist. Denn auf der Karte sieht die Distanz durchaus machbar aus, aber die Wirklichkeit zeigte uns die letzten Tage, dass man hier für einige Kilometer gleich mal ein paar Stunden unterwegs ist. Die Täler waren sehr eng geschnitten, dass es ständig rauf und runter ging. Ein anderes Thema war der Wasservorrat. Es galt herauszufinden, ob es Möglichkeiten gab, etwas einzukaufen.

Königin Emilia
Königin Emilia

Wir entschlossen uns schliesslich, dass Tanja und Emilia mit dem Auto direkt nach Ajulo, dem nächsten Etappenziel fahren würden, und ich die Wanderung alleine mache. So konnte Tanja ihr Knie noch einen weiteren Tag schonen. Würden die Medikamente so gut wirken wie es die Nebenwirkungen taten (Übelkeit und Schwindel), dann würde ja alles gut werden.

Wir stellten fest, dass die Einkehrmöglichkeiten unterwegs sehr beschränkt waren. Ich entschloss mich ein Wasserdepot etwa in der Hälfte des Weges einzurichten. Die Wasserflasche versteckte ich in einem Gebüsch.

Entspannen am Meer. Der ganze Strand gehört uns.
Entspannen am Meer. Der ganze Strand gehört uns.

Nach einigem Herumkurven assen wir im Restaurant Rogue Blanco zu Mittag. Das Restaurant war ein Volltreffer. Wie ein Adlerhort gelegen, mitten im Nichts, eine super Küche und für Emilia einen Hochstuhl! Was wollten wir mehr. Es gab Kalbskotelett und Hühnchen vom Holzofengrill. Zur Vorspeise eine Brunnenkressesuppe – eine der Inselspezialitäten.

Tanja und Emilia kühlen sich die Füsse ab. Im Hintergrund das Castillo del Mar.
Tanja und Emilia kühlen sich die Füsse ab. Im Hintergrund das Castillo del Mar.

Mit vollem Bauch ging es schliesslich an den Strand von Vallehermoso. Zu sagen gibt es noch, dass hier nichts schnell geht. Auf den Strassen kann (soll) mit maximal 50km/h gefahren werden, da die Strassenführung extrem kurvenreich ist. Doch es macht Spass hier zu fahren. Selten begegnet man einem anderen Auto oder fährt einer hinten nahe auf. Dafür kann es durchaus sein, dass zwei sich kreuzende Autos anhalten und die Fahrer einen Schwatz abhalten. Dann wartet man natürlich bis die beiden Verkehrsteilnehmer fertig geredet haben. Überholen wäre unanständig.

Der Castillo del Mar kurz vor Vallehermoso
Der Castillo del Mar kurz vor Vallehermoso

Der Strand von Vallehermoso ist ein Bilderbuchstrand. Doch zum Baden ist das Meer leider zu wild. Deshalb wurde ein wenig oberhalb ein öffentliches Freibad eingerichtet. Neben dem Strand befindet sich auch das Castillo del Mar, besser sollte man sagen bestand. Das Kulturzentrum musste leider wegen starkem Steinschlag geschlossen werden und ist nun wieder eine Ruine. Wirklich schade. Die Festung liegt genial.

Einfach mal ein bisschen Rumliegen und Ausruhen
Einfach mal ein bisschen Rumliegen und Ausruhen

In unserem Hotel Rural Tamahuche tranken wir noch gemütlich einen Cuba Libre, bevor Emilia am Tisch rüttelte und die Gläser auf den Boden flogen. Dann gingen wir nochmals ins Städtchen Abendessen. Für mich gab es Spaghetti-Power für den morgigen Tag, die Mädels bekamen etwas Leichtes.

Weitere Fotos vom Samstag, 4. September 2010

Sonntag, 5. September 2010

Ich machte mich um 09:00 Uhr auf, als Tanja und Emilia noch schliefen. Der Himmel war bedeckt und die Berge im Nebel eingehüllt. Rings herum krähten die Hühner und bellten die Hunde. Ich war schon lange wach und wirklich gut geschlafen hatte ich auch nicht. Denn die Bewohner Gomeras „feierten“ diese Nacht das Schulferienende. Um 03:00 Uhr ging das Fest los und dauerte bis in die frühen Morgenstunden. Hier ist eben alles ein wenig anders als bei uns zu Hause.

Vallehermoso, ein Ausgangspunkt für viele Wanderungen
Vallehermoso, ein Ausgangspunkt für viele Wanderungen

Für mich galt es nun erneut Höhenmeter zu gewinnen. Es war angenehm kühl und der Weg war gut ausgebaut. Das erste Ziel sollte der Roque Cano werden, ein riesiger Felsbrocken, welcher sich mächtig über das Tal hebt. Es war schade, dass die Sonne die Felswände nicht anschien, auf den Fotos kann man die markanten Züge nur erahnen.

Weiter ging es nach Las Rosas. Auf dem Weg dorthin hatte ich einige hundert Spinnen verärgert, welche heute kein Mittagessen bekommen werden. Ihre Netzte hingen nun an meinem ganzen Körper.

Der Blick zurück
Der Blick zurück

Unterwegs gabelte ich die gestern versteckten Wasserflaschen auf; nun hatte ich wieder genügen Wasser bis Agulo, dem heutigen Tagesziel.

In der Bar Juego de Bolas belohnte ich mich mit zwei Kaffees und einem Donut. Eine erfreuliche Überraschung, denn mit einem geöffneten Restaurant hatte ich nicht gerechnet. Beim Mirador de Agulo machte ich eine kurze Rast und ass was aus meinen Brotzeitsack. Dabei konnte ich die phantastische Aussicht auf Agulo geniessen.

Endlich Zeit fürs Tagebuch
Endlich Zeit fürs Tagebuch

Agulo war per Luftlinie noch etwa 500m entfernt, doch ebenfalls trennten mich 500 Höhenmeter davon. Der anschliessende Abstieg dahin – durch die sogenannte rote Wand – war spektakulär und nicht ganz ohne. Es war zwar ein markierter Wanderweg, doch für Schweizer Verhältnisse ein blau/weisser. Ich war froh, dass Tanja und Emilia nicht dabei waren.

Zum Glück gab es in der modernen Zeit Handys, denn damit konnte mich Tanja zu unserer heutigen Unterkunft das Casa Rual Los Helechos navigieren. Sie war leicht genervt als ich ankam, denn Emilia buchte heute eine Vollprogrammunterhaltung. Mit einem „Schoppen“ brachten wir sie schliesslich zur Ruhe und auch wir konnten uns mal eine Stunde hinlegen.

Durch diese Felswand verlief der Wanderpfad
Durch diese Felswand verlief der Wanderpfad

Agulo ist ein sehr alter, ursprünglicher Ort, ein architektonisches Kleinod mit engen Gassen uns weissen, dicht aneinander gedrängten Häusern, Balkonen und Balustraden. Einmal mehr standen wir vor dem Problem ein offenes Restaurant zu finden. Unsere Mägen knurrten schon laut.

Das Casa Rual Los Helechos
Das Casa Rual Los Helechos

Nach langem Suchen und Durchfragen erfuhren wir, dass das Los Chochos später noch öffnen würde. Dies war dann auch der Fall und wir wurden mit sehr gutem Fleisch und Salaten verwöhnt. Auf der Dachterrasse genossen wir anschliessend die Abendstunden, während Emilia mit ihren Kleidern den Boden wischte und die Veranda sauber putzte :-)

Agulo wird erkundet
Agulo wird erkundet

Weitere Fotos vom Sonntag, 5. September 2010

Montag, 6. September 2010

Unser nächstes Ziel war der Nationalpark Garajonay, genauer gesagt der Campingplatz im Weiler von El Cedro. Wir fuhren mit dem Auto die drei Kilometer weiter nach Hermigua und gaben dort wieder das Auto zurück. Dann starteten wir die oftmals als Paradetour bezeichnete Wanderung.

Unser nächstes Ziel war der Nationalpark Garajonay, genauer gesagt der Campingplatz im Weiler von El Cedro. Wir fuhren mit dem Auto die drei Kilometer weiter nach Hermigua und gaben dort wieder das Auto zurück. Dann starteten wir die oftmals als Paradetour bezeichnete Wanderung.

Es galt einmal mehr Höhenmeter zu gewinnen. Die Insel ist ein einziges auf und ab. Tanja‘s Knie ging es besser und wir getrauten uns zu dritt loszumarschieren. Wieder war der Weg steil und steinig. Wir liefen zwischen Bananenplantagen, Schilf und Rebstöcken das Tal hinauf. Der Weg bestand oft aus Terrassen, welche für den Anbau angelegt wurden. Stetige Begleiter waren Eisenrohre, welche das Wasser ins Tal hinunter transportierten.

Immer wieder passierten wir kleine Staudämme an denen das Wasser aufgefangen und zwischengespeichert wurde. Bald schon konnten wir auch den hohen Wasserfall sehen, der hier einfach nur Salto de Agua genannt wird. Mit seiner Höhe von etwa 400m hätte er unserer Meinung nach schon einen Namen verdient.

Die Pausen waren selten zum Entspannen da
Die Pausen waren selten zum Entspannen da

Der Weg wurde immer steiler und ausgesetzter. Nun waren wir mitten im Nebelmeer und konnten nur noch die Umgebung der nächsten 50 Meter erkennen. Schliesslich erreichten wir ganz überraschend die Passhöhe mit dem Campingplatz.Trotz der Panoramalage konnten wir von der Umgebung nichts erkennen. Schade, denn den Fotos zu folge müsste es hier wunderschön sein.

Unser Aufstiegstal mit den markanten Los Gemelos
Unser Aufstiegstal mit den markanten Los Gemelos

Das einzige Appartement des Campings hatten wir bereits zwei Monate im Voraus gebucht. Zum Glück, denn im Zelt wollten wir hier nicht übernachten. Allerdings war auch das Appartment keine Traumbehausung, es roch muffig und war nicht gerade sauber. In der Zwischenzeit war die Luftfeuchtigkeit so hoch, dass es anfing zu regnen. Auf ging es ins Campingrestaurant. Hier bekamen wir das wohl beste Poulet- und Ziegenfleischgericht der Insel! Ein echter Traum – oder lag es an unserem grossen Hunger, dass es so gut schmeckte?

Für die Einen gab es eine Badewanne
Für die Einen gab es eine Badewanne

Als wir assen schlief Emilia im Rucksack ein – und als wir Ruhe wollten, wollte sie Action und Essen! So ging es oft auf unserer Reise, doch was soll’s, da mussten wir durch. Hier hatten wir kein Babybett zur Verfügung und so mussten wir etwas für Emilia bauen. Vor allem, war es hier oben ziemlich kalt in der Nacht. Sie schlief dann schliesslich zwischen unseren Betten auf einem Stapel von Wolldecken.

Emilia war schon nach zwei Bier dicht...
Emilia war schon nach zwei Bier dicht...

Hier wurde es noch früher – so gegen halb acht Uhr – dunkel. Da blieb uns gar nichts anderes übrig als früh ins Bett zu gehen. Das war jedoch auch gut so, denn morgen sollte es ausgeschlafen in den finsteren Nebelwald des El Cedro gehen.

Gute Nacht
Gute Nacht

Weitere Fotos vom Montag, 6. September 2010

Dienstag, 07. September 2010

Um 09:00 Uhr würde das Restaurant la Vista heute wieder öffnen und es sollte möglich sein „desayuno“ zu bestellen. Sollte – denn die Besitzerin meldete in einem forschen Ton, dass es nur Kaffee oder Tee geben würde. Brot für Sandwiches hätte sie auch nicht, der Bäcker würde erst im Verlauf des Tages kommen.

Unser Appartement auf dem Campingplatz des El Cedros
Unser Appartement auf dem Campingplatz des El Cedros

Toll dachten wir, ohne Frühstück und Verpflegung zu starten kann doch nicht sein!

Wir bestellten also – nach 09:00 Uhr – einen Kaffee. Nach einer Weile erhielten wir auch noch frisch gebackenes Brot dazu :-) Wenig später bekamen wir sogar die „bestellten“ Sandwiches und auch die Laune der Señora wurde - je länger der Morgen dauerte - fröhlicher. In der Zwischenzeit war es spät geworden. Um 10:30 Uhr starteten wir schliesslich auf den Wanderweg, welcher uns durch den Nationalpark bringen sollte. Der Himmel war nun wolkenfrei und die Sonnenstrahlen schimmerten durch die mit viel Moos behangenen Bäume und Sträucher. Dies ist nicht üblich, denn oft ist der Wald in Wolken gehüllt, daher auch der Name Nebelwald.

Der Ausblick von unserem Appartement
Der Ausblick von unserem Appartement

Das Tagesziel war Alajero, ein Dorf auf der anderen Seite der Insel. Der Weg dahin führte über den höchsten Berg der Insel, den Garajonay mit 1487 Meter. Die Legende von Gara und Jonay muss ich an dieser Stelle unbedingt erzählen:

Die schöne Prinzessin Gara lebte noch vor der spanischen Eroberung im 15. Jahrhundert auf La Gomera. Sie verliebte sich in den armen Bauernsohn Jonay aus Teneriffa. Dieser fuhr aus Liebe täglich auf einem Floss zur Nachbarinsel, um seine Geliebte zu treffen. Doch die Verbindung stand unter keinem guten Stern: Ein Priester sagte den beiden grosses Unheil voraus. Als sich beide das Jawort zur Eheschliessung geben wollten, schien sich die Prophezeiung zu erfüllen. Ein starkes Erdbeben erschütterte Teneriffa. Der Vulkan Teide spie Lava, das Meer um La Gomera färbte sich blutrot, und die Insel begann zu glühen. Die Adelsfamilie der Prinzessin versuchte daraufhin, die Heirat der beiden zu verhindern und brachte Jonay gewaltsam nach Teneriffa zurück. Seine Liebe jedoch war so gross, dass er wenige Wochen später erneut auf La Gomera landete. Gemeinsam floh das Paar ins Hochland und versteckte sich in den dichten Wäldern hoch oben auf der Insel. Als beide keinen Ausweg für ihre Liebe mehr sahen, nahmen sie eine an beiden Enden gespitzte Lanze aus Lorbeerholz und stiessen sie sich durch die Brust. In inniger Umarmung ging das Liebespaar in den Tod.

Unser Weg führte zunächst an der Ermitage Nuestra Señora de Lourdes vorbei, noch tiefer in den Wald hinein. Auf dem, für dieses Mal sehr gut ausgebauten Wanderweg, erreichten wir den grossen Parkplatz bei Alto de Contadero. Hier parkten die Pauschaltouristen ihr Auto, bevor sie die letzten Höhenmeter zu Fuss auf den höchsten Punkt gelangten. Doch wir brachten all die 1487 Höhenmeter mit Gepäck und Emilia alleine hinter uns! Da war die Aussicht trotz Müdigkeit noch schöner, die Gefühle und der Stolz noch höher. Hier sahen wir das erste Mal seit wir auf den Wanderwegen auf La Gomera unterwegs waren andere Wanderer / Touristen.

Unterwegs im Nebelwald
Unterwegs im Nebelwald

Die Aussicht war wie im Reisekatalog: Der Himmel komplett wolkenfrei und die Fernsicht super. Alle Nachbarinseln konnte man sehen, allen voran natürlich Teneriffa mit ihrem markanten Vulkan Teide.

Tanja‘s Knie war immer noch in Ordnung und so entschlossen wir, zusammen den Abstieg vorzunehmen. Auf dem Weg nach Alajeró verliefen wir uns. Die Wegfindung war etwas vom Schwierigsten auf Gomera’s Wandernetz (abgesehen von den Touristenrouten). Doch den Weg, welchen wir dadurch durchwandern durften, führte durch einen Föhrenwald und war wunderschön.

Familie Güthlin auf dem Garajonay, mit seinen 1487 Meter der höchste Berg auf La Gomera. Im Hintergrund sieht man Teneriffa mit dem 3718 m hohen Teide.
Familie Güthlin auf dem Garajonay, mit seinen 1487 Meter der höchste Berg auf La Gomera. Im Hintergrund sieht man Teneriffa mit dem 3718 m hohen Teide.

Wir entschlossen noch ein Stück weiter bis Imada zu wandern. Imada galt als das schönste Dorf auf Gomera. Es lag hübsch eingebettet in einem Kessel, umrundet von grünen Bergen. Der Abstieg dahin war wunderschön. Doch langsam taten uns die Beine weh. Wir entschlossen, sobald wir da ankommen würden, ein Taxi zu bestellen.

Doch dies war gar nicht notwendig, denn zufälligerweise kam gerade ein Linienbus vorbei und wir konnten bzw. mussten direkt einsteigen. Das war unser grosses Glück, denn das von der Strasse abgeschnittene Imada wird am Tag gerade mal dreimal angefahren. Selbst für ein Taxi hätten wir mindestens eine Stunde warten müssen, abgesehen vom hohen Preis den wir hätten zahlen müssen. Bevor der Bus losfahr hatten noch genau zwei Minuten und ich stürzte in den nebean gelegegen Supermarkt und holte für uns beide noch eine kalte Cola, von der Emilia natürlich auch etwas wollte. Wunderbar…

Abstieg nach Alajeró
Abstieg nach Alajeró

Alojera befand sich im nächsten Tal nicht weit von Imada. Nach 20 Autominuten trafen wir da ein. In einer Tienda kauften wir Verpflegung für heute Abend sowie (viele) Getränke ein. Dann stand nochmals ein 15 minütiger Fussmarsch zum Anwesen El Drago an.

Das Casa Rural el Drago war ein rustikales Appartement mit Terrasse, Küche, Bad und Schlafzimmer. Mit eine der schönsten Unterkünfte, die wir auf Gomera hatten. Sogar eine Waschmaschine stand uns zur Verfügung. Höchste Zeit zum Waschen war es schon lange! Das Waschpulver bekamen wir vom Vermieter freundlicherweise umsonst.

Abendessen im Casa Rural el Drago. Gerne wären wir hier länger geblieben.
Abendessen im Casa Rural el Drago. Gerne wären wir hier länger geblieben.

Zum Abendessen kochte Tanja Spaghetti mit einer feinen Sosse, während ich für Emilia‘s „Bewegungs-Ausgleich“ sorgte.

Weitere Fotos vom Dienstag, 07. September 2010

Mittwoch, 08. September 2010

Der letzte Streckenabschnitt von Alojera nach Playa de Santiago stand an. Wir warteten noch kurz bis die Wäsche im Trockner trocken war und liefen anschliessend los. Immer runter – das Meer war das Ziel.

Zu unserer Überraschung verlief der Wanderweg durch einen trockenen Canyon nach Antoncojo. Die Schlucht war grün und mit vielen Palmen versehen. Rote und weisse Gesteinsformen wechselten sich ab und immer wieder mussten wir um riesige Kakteen herumgehen. Ein wahres Prachtstal. Von Antoncojo an war der Weg nicht mehr so spektakulär und oft der Strasse folgend. Doch man muss hinzufügen, dass nur etwa alle zehn Minuten ein Auto vorbeikam und es daher nicht wirklich ein Problem war. Eher das Gehen auf dem harten Teer machte uns zu schaffen.

Mittagsrast im Schatten eines grossen Steines
Mittagsrast im Schatten eines grossen Steines

Von nun an war unser Ziel immer vor Augen. Playa de Santiago war zum Greifen nahe, lag aber noch etwa 500 Höhenmeter tiefer.

Wir stiegen stetig ab, die letzen Meter über eine steile Treppe. Ein paar hundert Meter weiter erreichten wir schliesslich ausgebrannt und aus allen Poren schwitzend das Meer. Wir hatten es geschafft, wir waren am Ziel! Es war ein herrliches Gefühl!

Playa de Santiago - Das Ziel ist nahe. Im Hintergrund auf der Klippe ist bereits unser Hotel Jardin Tropical Tecina
Playa de Santiago - Das Ziel ist nahe. Im Hintergrund auf der Klippe ist bereits unser Hotel Jardin Tropical Tecina

Auf ging es in die nächste Bar. Einen kalten Drink hatten wir uns verdient!

Für die nächsten zwei Nächte gönnten wir uns wieder ein kleines bisschen Luxus im Jardin Tropical Tecina, welches erhöht auf einer Felsbrandung am Ende des Ortes lag. Wir konnten es von der Bar aus sehen. Um dahin zu gelangen nahmen wir ein Taxi. Inzwischen waren unsere Rucksäcke wieder voll mit Getränken, neuen Windeln und Milchpulverreserven für Emilia, das wollten wir nicht wieder einige Höhenmeter hochschleppen.

Playa de Santiago - Am Ziel! Darauf wird angestossen.
Playa de Santiago - Am Ziel! Darauf wird angestossen.

Unsere Reisetasche, welche wir vor neun Tagen deponiert hatten, war bereits auf unserem Zimmer. Unsere Unterkunft verfügte über Meerblick und war in der vordersten Reihe gleich oberhalb der steilen Klippen. Ein Traumausblick zeigte sich uns als wir den Vorhang zurückzogen. Doch auch der Rest des 4-Sterne Hotels liess keine Wünsche offen.

Entspannung auf unserer Terrasse im Jardin Tropical Tecina oberhalb der Klippen
Entspannung auf unserer Terrasse im Jardin Tropical Tecina oberhalb der Klippen

Gleich nach dem duschen machten wir uns auf zum Abendbuffet und füllten unsere eingefallenen Bäuche ;-)

Weitere Fotos vom Mittwoch, 08. September 2010