Von Wien nach Budapest
Montag, 24.06.2024 Etappe 6: Nové Zámky – Strekov, 33 km
Der gestrige Tag lag mir noch in den Gliedern. Meine Füsse, in der Zwischenzeit dekoriert mit Blasen, schmerzten und meine Beweglichkeit war die eines Greises. Nachdem ich all meine Wehwehchen verarztet und ich im Speisesaal des Hotels gefrühstückt hatte, verliess ich das sympathische Grand, welches sich im ruhig gelegenen Stadtzentrum von Nové Zámky befindet.
Glücklicherweise stand heute eine kürzere Etappe an. Ich verliess den Ort auf der Hauptstrasse in Richtung Osten, ehe ich über eine schwierige Wegfindung auf das Netz der angenehmeren Feldwege wechselte. Einige davon existierten aufgrund des Ackeranbaus nicht oder nicht mehr. So durchschritt ich beispielsweise streckenbedingt ein kilometerlanges Tomatenfeld. Auf dem Weg dadurch, schnellten ab und zu Feldmäuse zwischen den Tomatenstauden umher. Als sie mich entdeckten versteckten sie sich in den Rissen des bereits wieder komplett ausgetrockneten Bodens.
Einige der Stauden blühten bereits und ich fragte mich, wie die Pflanzen bei so trockenen Verhältnissen überhaupt gedeihen konnten. Auch fiel mir auf, dass keine Insekten wie bspw. Bienen zur Bestäubung unterwegs waren, bis mir wieder einfiel, dass Tomaten zwittrige Gewächse sind, sich also selbst bestäuben konnten. Praktisch!
In einem der spärlichen schattigen Plätze, welche eine Ansammlung von Laubbäumen spendete, gönnte ich mir eine Pause. Es gab einen Apfel und Kekse, welche ich am Tag zuvor in Neded gekauft hatte. Dann wechselte ich meine Trailrunschuhe mit den Flip-Flops und schritt weiter über die Feldwege der schier endlosen Felder zwischen Nové Zámky und Strekov.
Doch irgendwann war Schluss. Ein Weiterkommen durch das Dickicht schien schier unmöglich. Mich trennten noch geschätzte 10 Meter von den Gleisen der nationalen und schnurrgeraden Bahnstrecke nach Štúrovo. Diese musste ich irgendwie überqueren, um auf der anderen Seite hoffentlich wieder auf einen Feldweg zu gelangen.
Es dauerte lange, bis ich einen Durchschlupf gefunden hatte. Als ich die Gleise erreichte, hielt ich links und rechts nach einem heranfahrenden Zug Ausschau, ehe ich in einem beherzten Sprint über die Gleise huschte.
Auf der anderen Seite der Trasse zeigte sich die gleiche Situation. Ein dichter, dorniger Sträucher-Wall säumte sich entlang der Eisenbahnstrecke; ein Durchkommen war nicht einfach. Meine Beine und Arme juckten von den Dornen, Brennnesseln, Kletten und Mückenstichen, als ich endlich das Feld hinter dem Dickicht erreichte.
Leider war der Feldrand nicht gemäht und so schritt ich noch einige Kilometer durch das beckenhohe Gras, ehe ich endlich beim Bahnhof von Strekov wieder auf Teerstrassen traf. In der Ortschaft kaufte ich noch Verpflegung für das Abendessen, denn heute würde ich in der Kasnyik Winery, einem Weingut am Ortsrand von Strekov, übernachten. Dort gab es keine Einkehr und auch kein Frühstück.
Ich benötigte über eine Stunde, um meine Socken von den Kletten und sonstigen mitgeführten Andenken zu säubern. Wie Angelhaken hatten sich die Getreideschnipsel in meine Socken eingehackt. Währenddessen kühlte ich meine glühenden Füsse im Wasser, welches ich in den Abfallkübel abgefüllt und neben dem Bettrand platziert hatte. Damit das Wasser auch wirklich kalt war, hatte ich zuvor im Supermarkt eine Packung gefrorener Erbsen eingekauft. Dies war eine von mir erfundene Methode, die bei meinen Weitwanderungen schon öfters zur Anwendung kam. So hatte ich ein günstiges "Eis-Pack", welches fast überall gekauft werden konnte.
Im Anschluss erfolgte der übliche Wäschegang und die Behandlung der Blasen, welche heute deutlich zugenommen haben. Doch als dies alles erledigt war, kam der erfreulichere Teil des Abends: ich wurde mit verschiedenen exklusiven Weinen der Gegend verköstigt. Noch lange sass ich auf der Veranda meiner Unterkunft und genoss den lauen Sommerabend.