Von Wien nach Budapest

Sonntag, 23.06.2024 Etappe 5: Šaľa – Nové Zámky, 40.5 km

Ich verliess das Hotel Centrál Šaľa um 07:30 Uhr nach einer erholsamen Nacht. Es war bereits warm und der grelle Lichtball der Sonne das Einzige, was man am Himmel sehen konnte. Die Wolken von gestern haben sich definitiv verzogen und es kündigte sich ein heisser Sommertag an.

Mein Zimmer in Šaľa
Mein Zimmer in Šaľa

Gut gelaunt startete ich auf die heutige Etappe nach Nové Zámky. Ich fühlte mich fit und ich hatte Rückenwind, als ich erneut entlang ausgedehnten Gersten-, Mais- und Weizenfeldern wanderte.

Wie die Tage zuvor, traf unsereins immer wieder auf Hasen, welche sich auf dem Feldweg sonnten. Ich trat bis auf wenige Meter an sie heran und obwohl sie mich realisierten, reagierten sie wie Fliegen bis zuletzt nicht, um dann in einem hastigen Sprint im Zickzack-Muster à la Woody Woodpecker davonzurasen.

Tolle Wanderpfade!
Tolle Wanderpfade!

Mich erstaunte, dass in den Restaurants keine Wildgerichte angeboten wurden. Genügend Rehe, Wildschweine und Feldhasen waren vorhanden und entlang den Feldern traf ich auf viele Hochsitze, die der Jagt dienten. Aber vielleicht war ich auch nur in den falschen Restaurants eingekehrt.


Die zusammengestellte Route mit den Wegen und Pfaden entlang der Waag (Fluss) funktionierte zu meiner Freude ausgezeichnet. Keine zugewachsenen Wege, weniger Mücken als die Vortage, viele Abschnitte im Schatten und gemähte Wiesen beglückten mein Wandervergnügen. Einzig der noch immer sehr feuchte Untergrund des gestrigen Regens war partiell ein wenig mühsam. Teilweise sank ich mit meinen Trailrunschuhen knöcheltief in den lehmigen Boden ein und trug danach jeweils Extragewicht an meinen Fusssohlen mit.

Einen drastischen Dämpfer erhielt ich jedoch kurz vor Neded, wo ich feststellen musste, dass die, in den Karten eingezeichnete, Fähre über die Waag nicht mehr existierte! Aufgrund des Zustandes der Anlage musste der Betrieb schon mehrere Jahre oder Jahrzehnte eingestellt worden sein. Die Zufahrt war, mittels einer in der Zwischenzeit gerosteten Barriere, abgesperrt und die Signalisation mit den Fahrzeiten durch eine zerfetzte Plastikfolie abgedeckt. Eine grosse Ernüchterung machte sich in mir breit. Auf all meinen Karten und auch bei Google-Maps sollte dieser Übergang noch existieren.

Ein willkommenes Fussbad in der Waag.
Ein willkommenes Fussbad in der Waag.

Ein planerischer Blick auf die Karte zeigte, dass es im Umkreis von 15 Kilometern keine weitere Möglichkeit gab, die Waag zu überqueren. Ich musste hier rüber, damit ich aus eigenem Antrieb mein Etappenziel Nové Zámky heute noch erreichen konnte. Die Idee war schnell geboren: ich würde einfach rüber schwimmen!

Im Supermarkt in Neded kaufte ich neben Mittagessen und Getränken auch noch Abfallsäcke ein. Zurück am Ufer der Waag zog ich die Badehose an und verstaute mein gesamtes Hab und Gut in den Rucksack, welchen ich anschliessend dreimal in die gekauften Abfallsäcke wasserdicht einpackte. Würde ich diesen verlieren, war alles weg, was ich mit mir trug: Geldbeutel, Telefon, Kleider… Kaum auszudenken, was die Konsequenzen wären.

Ja, diese Fähre ist schon einige Jahre nicht mehr in Betrieb. Alternativen für die Flussüberquerung müssen her.
Ja, diese Fähre ist schon einige Jahre nicht mehr in Betrieb. Alternativen für die Flussüberquerung müssen her.

Die Strömung der Waag war marginal, Stromschnellen gab es keine und auch andere Gefahren waren nicht vorhanden. Nach ein paar Minuten erreichte ich die andere Flussseite, trocknete meine Füsse ab und begann mich für die Weiterreise herzurichten.

Nachdem ich mich erfolgreich durch das Dickicht am Ufer zurück auf einen Feldweg durchgeschlagen hatte, durchwanderte ich wiederum weitläufige Kornfelder. Eine über sechs Kilometer lange, geradlinige Betonstrasse brachte mich zum Vorort Andovce, von wo aus ich in sechs weiteren Kilometern die Stadt und meinen heutigen Zielort Nové Zámky erreichte.

Nach erfolgreicher Strandung auf der anderen Uferseite der Waag.
Nach erfolgreicher Strandung auf der anderen Uferseite der Waag.

Als ich in meiner gebuchten Unterkunft, dem Hotel Grand eintraf, waren meine Füsse platt und die Beine wie Gummi. Das war der anstrengendste Tag bislang und ich wollte nur noch Essen und dann Schlafen. Ein Aufsteller war die äusserst freundliche und zuvorkommende Familie der Unterkunft. In gebrochenem Deutsch bemühten sie sich eine Kommunikation aufzubauen. Es gab Restaurantempfehlungen und das Frühstück für den morgigen Tag wurde besprochen. Als einziger Gast wurde entsprechend alles zu meinen Wünschen organisiert.

Und wieder ein langer Abschnitt entlang von Kornfeldern.
Und wieder ein langer Abschnitt entlang von Kornfeldern.

Da Sonntag war, blieb die Restaurantauswahl bescheiden. Eine Pizza vom Takeaway-Laden genügte mir. Im Kühlschrank des Hotelzimmers befanden sich noch zwei Bierflaschen. Mehr benötigte ich heute nicht mehr.

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