Freitag, 09. April 2021 - Etappe 1: Basel - Stein (38 km)
Eigentlich wollte ich dieses Wochenende nochmals Tourenskifahren gehen. Ja, nochmals weissen Pulver in den Bergen geniessen. Doch unverhofft sagte mein Tourenpartner ab und so kam ich doch früher als gedacht dazu, auf das schon lange im Kopf geplante, mehrtägige Wanderabenteuer zu starten.
Der Start einer Wanderung erfolgte wie meistens: An einem Bahnhof! Diese Gebäude üben eine faszinierende Kraft auf mich aus. Wohl kaum ein anderer Ort ist so lebendig, liegen Freud und Leid so nah beisammen und vereinigt die unterschiedlichsten Menschen.
Nun gut, den Basler Bahnhof kannte ich wie kein anderer; da konnte ich schnell weitergehen. Denn der Weg, der vor mir lag, war noch ein langer. Mein Tagesziel war Stein im Kanton Aargau. Dort hatte ich mir, kurz bevor ich mich auf den Weg machte, beim Frühstück nebenher ein Motel gebucht. Ich hoffte, dass ich dort in der Nähe auch was zu Abendessen erhalten würde. Denn die Restaurants durften wegen Corona noch immer nicht öffnen. Auch der Service im Garten und auf den Terrassen war verboten.
Doch erst einmal war ich happy, dass ich trotz der Corona-Pandemie ein "offenes" Übernachtungsquartier gefunden hatte. Verhungern würde ich in der Schweiz nicht; und schliesslich hatte ich noch zwei Sandwiches für Unterwegs zubereitet.
Die vor mir liegende Gegend kannte ich bestens. Doch die Strecke musste einfach sein. Ich wolle alles zu Fuss machen und ich glaubte auch fest an das Kredo, dass es immer etwas Neues zu entdecken gibt! So war es auch.
Ich bog vom Bahnhofsgebäude gleich nach rechts in Richtung Osten ab und passierte bald das geschichtsträchtige St. Jakob. Heute wohl eher bekannt als Schweizer Fussball-Mekka, doch anno 1444 ging es hier im Alten Zürich-Krieg voll ab.
Nachdem ich das Strassenwirrwarr mit den unzähligen Häusern und Industrieanlagen von Muttenz hinter mich gebracht hatte, traf ich wenig später endlich auf den Rhein. Dieser Fluss würde mich die nächsten Tage immer wieder begleiten.
Es war kalt und der Wind blies mir um die Ohren. Ich überlegte mir, ob ich wirklich die richtigen Kleider eingepackt hatte. Das Wandern im Sommer war – was das Mitführen von Kleidung angeht – um einiges einfacher!
Ich folgte dem Rheinufer entlang an der Schweizerhalle vorbei und liess auch Pratteln bald hinter mir. In Kaiseraugst schritt ich am grossen Wasserkraftwerk vorbei und traf bald auf den wunderschönen Campingplatz und das öffentliche Gartenschwimmbad. Der Campingplatz war bereits geöffnet und ich konnte mich am Kiosk mit einem heissen Kaffee mit Panettone stärken.
Der Weiterweg nach Rheinfelden war wunderschön. Ich war komplett alleine unterwegs und wurde von einem Pfeifkonzert der Vögel begleitet, die sich mindestens so wie ich über den Frühling freuten. Das Gezwitscher untermauerte die Frühlingspracht der blühenden Bäume und Sträucher. Überall schossen grüne Grässer, Knospen und Blätter hervor. Das Leben fühlte sich leicht an.
Doch auch viele umgestürzte Bäume und Erdrutsche musste ich heute auf meinem Wegabschnitt sehen. Das sehr trockene, vergangene Jahr schwächte unsere heimische Natur und die Stürme der vergangenen Monate hebelte so manchen Baum aus der Erde.
Die Winter-Personenschifffahrt war übrigens wegen Corona eingestellt. Ich konnte also auf meiner Tour nicht bescheissen.
Die mittelalterliche Innenstadt von Rheinfelden war heute gut besucht. Zahlreiche Menschen flanierten auf den Strassen. Vor dem Rathaus versammelte sich gerade eine Hochzeitsgesellschaft. In der Zeit, wo das Brautpaar für die Hochzeitsfotos posierte, ass ich locker meinen Club-Cheeseburger, welchen ich beim Restaurant Rheinmühle als Take away mitgenommen hatte.
Sie lächelten noch immer in die Kameras, als ich mich weiter auf den Weg in Richtung Möhlin machte. An der Coop-Tankstelle kaufte ich mir noch ein Bier, eine Cola und eine Schokoladenbanane, bevor ich die Zivilisation für einen Moment verliess und mein Weg wieder in den Wald hineinführte.
Dort suchte ich mir ein schönes Plätzchen, um das Bier in der Sonne zu geniessen und einen kurzen Mittagsschlaf zu machen. Schliesslich war ich vom Burger vollgefressen und meine Füsse spürte ich ebenfalls schon ein wenig.
In Waldrandnähe übte sich jemand im Dudelsack spielen. Ich hatte schon viele Musikanten im Wald getroffen die Ihr Instrument probten: Trompete, Djembé, ja sogar Alphorn. Aber der Dudelsack gefiel mir besonders. So konnte ich zu schottischen Klängen die frühlingshafte Natur geniessen.
Mein Weg führte weiter in Richtung Wallbach. Den Kanton Aargau empfand ich hier als besonders schön. Durch den Bau der Autobahn A3 konnte der ganze Durchgangsverkehr nach Zürich elegant von den Dörfern ferngehalten werden. Dies sehr zum Wohl der Landwirtschaft und Natur.
Von Wallbach nach Stein war es verglichen mit dem bereits zurückgelegten Weg nur noch ein Katzensprung. Hier traf ich auch vermehrt Personen. Dabei fiel mir auf, dass nur gerade jede vierte Person grüsste! Ich frage mich schon, wie es mit unserer Gesellschaft so weit kommen konnte, dass man sich auf "einsamen" Wegen beim Passieren nicht mehr grüsst.
Bevor ich das Rheinufer in Stein verliess, kühlte ich noch meine Füsse ab. Die hatten es verdient. Total beförderten sie mich 38 Kilometer weit mit 900 Höhenmetern rauf und wieder runter. Zu meiner Freude konnte ich heute rund ein Dreiviertel des Weges auf Naturstrassen verbringen.
Der Self-Service-Check-Inn im Motel Rheinfels Park funktionierte problemlos. Da die umliegenden Restaurants alle geschlossen hatten und kein Take-away anboten, bestellte ich mir eine Pizza. Ich hoffte, dass dies auf dem Rest meiner Reise ebenfalls alles so gut funktionieren wird.