Städtereise St. Petersburg
Tag 3
Freitag, 7. Juni 2013
Heute schliefen wir etwas länger als am Vortag. Gegen 09:00 Uhr kam Helenas Sohn Mischa uns besuchen. Es war ihm wichtig, dass er uns die Gegend und seine Wohnung zeigen konnte. Wir zogen heute also luxuriös in seinem Auto los.
Nach einer Rundfahrt in der Nachbarschaft, landeten wir schliesslich in seiner tollen, neu eingerichteten Wohnung im 14. Stock eines Wohnkomplexes, wo es nochmals Kaffee gab. Dann fuhr er mit uns weiter in die City. Unterwegs gabelten wir noch Sonja auf, eine alte Freundin von Olya, welche uns am heutigen Tag begleiten würde.
Die Sightseeingtour begann an der Gosudarstvennyj Ermitaz, wo wir erst dem Fluss Newa entlang schlenderten. Vorbei an der Peterstatue und der Isaak-Kathedrale ging es weiter zum grossen Schlossplatz vor der Ermitage. Wir erkundeten anschliessend die ganze Gegend und retteten uns gerade noch rechtzeitig in eine Bar, ehe ein starkes Gewitter losbrach. Hier gab es lokales Bier und einen Burger gegen Hunger und Durst.
Als es die Wetterlage wieder zuliess, kehrten wir zurück auf den Admiralsplatz, wo wir zur Aussichtsplattform der Isaak-Kathedrale hinauf wollten. Doch kaum waren wir angekommen, brach auch schon der nächste Gewitterregen los. Etwas Müde vom vielen laufen, setzten wir uns erst mal hin. Die Plattform öffnete erst in einer Stunde wieder und draussen regnete und stürmte es. Wir sassen also in der Zwickmühle – aber es war wenigstens trocken!
Die 262 Treppentritte hinauf bis zur Aussichtsplattform legten Olya, Sonja und ich wenig später in einem Stück zurück. Tanja mit ihrem Babybauch wartete derweilen im Kaffee „Happiness (the Home of Sweet Happiness)“ auf uns. Auch wir genossen dort nach unserer Rückkehr einen guten Kuchen und Kaffee, ehe es gestärkt weiterging.
Wir begaben uns auf einen Marsch über die Newa hinüber zur Wassilij-Insel und weiter zur Peter-Paul-Festung. An den monströsen, alten und kulturell wertvollen Gebäuden konnte man sich nicht satt sehen. Die ganze Uferpromenade entlang folgte ein sehr gut erhaltenes, altes Gebäude dem anderen. Der tiefe Sonnenstand lies diese Kulisse zusätzlich in einem tollen Licht erscheinen und bot uns wunderschöne Fotomotive.
In der Zwischenzeit war es schon 22:00 Uhr geworden. Sonja verabschiedete sich von uns, denn sie musste am nächsten Tag arbeiten. Wir fuhren mit der Metro zurück zum Admiralsplatz, wo wir in dessen Nähe das Restaurant "Guests" fanden. Hier ruhten wir uns noch ein wenig aus, bevor es um Mitternacht auf eine Bootsfahrt während den „White Nights“ – der Nummer 1 Attraktion von St. Petersburg – losging.
Weisse Nächte, das bedeutet Licht. Licht für mindestens 20 Stunden am Tag. Ein surreales Licht, das Alexandre Dumas mit dem „irisierenden Schillern eines Opals“ verglich. Eine bleiche nächtliche Helligkeit. Die Stadt wacht auf nach dem endlosen Winter, lebt, tanzt und feiert. Das Volk flaniert. Unentwegt sind die Petersburger in dieser Zeit auf den Beinen. Selbst bis weit nach Mitternacht war die Promenade entlang der Newa mit Menschen gefüllt.
Die herrlichen Sommertage belohnen die Bewohner Petersburg Jahr für Jahr dafür, dass sie den feuchten und kalten Winter ertragen haben. Zu dieser Zeit offenbart sich am besten die Gastfreundschaft der Russen. Sie ist legendär, grosszügig, spontan, ungezwungen und eine fest verankerte Tradition in Russland. Keine Küche, kein Wohnzimmer ist zu eng, kein Tisch zu klein, um Köstlichkeiten aufzufahren. Dabei wird der Gast nicht in Ruhe gelassen, sondern immer wieder zum Essen und Trinken aufgefordert. Etwas was wir bestätigen können und an jedem Tag erleben durften.
Gegen 02:30 Uhr fuhr unser Boot schliesslich wieder zum Anlegeplatz zurück. Wir konnten gerade noch eindrucksvoll beobachten, wie ein grosses Frachtschiff die aufgeklappten Brücken passierte, ehe sich diese wieder schlossen.
Nun wollten wir so schnell wie möglich heim. Die offiziellen Taxis verlangten einen überteuerten Preis (das Doppelte) was uns veranlasste, ein inoffizielles, privates Taxi zu nehmen. In Russland ist es üblich, dass Privatpersonen ihre Taxidienste anboten. Olya handelte den Preis runter und ehe wir uns versahen, sassen wir auch schon bei dem Fremden im Auto. Sein Fahrstil und den unbekannten Fahrweg liessen plötzlich Zweifel in uns aufkommen. Als er schliesslich am Handy in einer anderen, für uns nicht verständlichen Sprache mit jemandem diskutierte, machte sich schliesslich Angst in uns breit. Fuhr der Mann, der nur schlecht Russisch konnte, uns wirklich zur gewünschten Adresse, oder würden wir hinter dem nächsten Block ausgeraubt?
Schliesslich kam jedoch alles gut. Man muss dazu noch wissen, dass es in St. Petersburg üblich ist, ein inoffizielles Taxi zu nehmen – zumindest für die Einheimischen. Todmüde liessen wir uns ins Bett fallen.