Nordspanien: Baskenland, Kantabrien, Asturien und Galizien
Picos de Europa
Freitag, 28. September 2018
Heute stand ein Ausflug ins Landesinnere zum Ebro Stausee an und die Weiterfahrt zum Nationalpark Picos de Europa. Nach dem Check-Out im Hotel Bahía folgten wir der Autobahn bis Torrelavega, wo wir auf die Landstrasse N-623 wechselten und dieser südlich in Richtung Burgos folgten.
Wir passierten kleine Ortschaften und liebliche Landschaftsabschnitte der Sierra del Escudo. Als wir schliesslich den Puerto del Escudo auf 1'011 Meter erreichten, konnten wir erstmals auf den Embalse del Ebro blicken. Ein riesiges tiefblaues Wasserbecken, welches herrlich inmitten dieser faszinierenden Berglandschaft eingebettet ist. Der Stausee nimmt eine Fläche von rund 6'200 Hektar ein und ist bekannt für seinen Reichtum an Wasservögeln.
Wir suchten das südlich gelegene Örtchen Arija auf. Bekannt bei Kitesurfern und Campern. Doch Arija wirkte komplett verlassen und rein auf die Sommermonate ausgelegt zu sein. Nur vereinzelt waren Spaziergänger und Schwimmer zu sehen. Trotz den heutigen heissen 26 Grad Celsius! Hatten wir doch ein Wetterglück.
Doch vor dem baden wollten wir eine Wanderung unternehmen. Südlich von Arija befindet sich mitten in der faszinierenden, kargen Landschaft ein kleines Naturschutzgebiet mit alten Eichen. Allein der Abstecher zum Wanderparkplatz des Robledal (Eichenwald) beim Monte Hijedo war einen Ausflug wert. Auf dem Weg dorthin booten sich uns weitläufige Blicke über die steinerne und kleinhügelige Landschaft bis zum See.
Die ersten Kilometer des gelblich ausgeschilderten PR-30 verliefen in der prallen Sonne auf einem Bergrücken. Doch die blühende Bergflora entlang dem Pfad liess davon ablenken. Schliesslich kam ein lieblicher Weiler in unser Blickfeld. Er war sehr ursprünglich und komplett aus Steinen erbaut. Ein Bijou, wie man es sich aus Büchern und Filmen dieser Gegend vorstellt.
Doch auch ein Wachhund kreuzte auf und machte auf sich aufmerksam. Als er merkte, dass wir keine Gefahr darstellten und auch wir davon ausgehen konnten, dass er uns freundlich gesinnt war, wurde die Wanderung fortgesetzt.
Begleitet wurden wir fortan von Beni, denn so wurde der grosse Hund kurzerhand getauft. Fokussiert auf den Vierbeiner, ging die Wanderung mit Emilia und Luca nun flott voran. Gleich hinter dem Weiler bog der Wanderweg in den alten Eichenwald ab und ein kleiner Pfad führte uns in das Dickicht der verwurzelten Bäume hinein.
Ohne Wegmarkierung wären wir hier schnell verloren gewesen. Das Buschwerk der Bäume verdeckte fast vollständig den Himmel und eine Orientierung erwies sich als schwierig. Nach gut eineinhalb Stunden führte uns der Pfad wieder hinaus in die Steppe, wo der Wald abrupt endete. Auf einem Forstweg erreichten wir schliesslich die Hauptstrasse, an welcher wir das Auto abgestellt hatten und wo wir uns von unserem treuen Wegbegleiter Beni verabschiedeten.
Nun wollten wir nur noch eines: baden! Schnell waren wir in Arija und legten unsere Badetücher am einsamen Strand aus. Obwohl das Wasser eher kühl war, gingen - bis auf Tanja - alle in das herrliche Nass.
Leider konnten wir hier nicht länger verweilen. Es stand noch eine längere Fahrt nach Corao nördlich des Nationalparks Picos de Europa an. Die nächsten Tage würden wir uns Zeit nehmen, um den Nationalpark zu erkunden.
Weitere Fotos vom Freitag, 28. September 2018
Samstag, 29. September 2018
Am gestrigen Abend kamen wir erst spät nachts im Casa Rural Santu Colás in der Ortschaft Corao an. Hier hatten wir zwei Zimmer gebucht, weil es uns nicht gelang, in dieser Region irgendwo ein Familienzimmer zu finden. Trotz guter Bewertung waren wir etwas enttäuscht über die sehr einfache Einrichtung der Zimmer. Doch schliesslich waren wir wegen dem Nationalpark Picos de Europa hier und dieser begann gleich auf der anderen Strassenseite.
Das geschützte Gebiet des Gebirgsmassivs Picos de Europa umfasst die drei nordspanischen Provinzen Kantabrien, Asturien und Léon. Es handelt sich um den ersten Nationalpark, der in Spanien eingerichtet wurde und bietet alles was den Naturliebhaber beeindruckt: felsige Gipfel, tiefe Schluchten, liebliche Täler, grosse Gletscherseen, üppige Wälder und viel, viel mehr. Eine Auswahl, welche es dem Kurzbesucher nicht einfach macht, eine Ausflugsentscheidung zu treffen.
Obwohl heute Samstag war und vermutlich einige Leute unterwegs sein würden, entschieden wir uns für die Top-Attraktionswanderung zu den Seen von Covadonga. Der Ausgangsort, die Wallfahrtsstätte von Covadonga, liegt in einem malerischen engen Tal einige Kilometer von Cangas de Onis entfernt. Die Basilika ist eine wichtige Station an der Nordvariante des spanischen Jakobswegs, Camino de la Compostela. Aber auch die Grotte der heiligen Jungfrau Santina zieht Scharen von Menschen an.
Entsprechend touristisch ging es hier zu und her und wir überlegten, ob wir überhaupt die Seen heute besuchen sollten. Schliesslich entschieden wir uns dafür und lösten ein Ticket für die Busverbindung hinauf zu dem grossen Wandernetz des Naturparks. Die individuelle Anfahrt auf der sehr schmalen Bergstrasse war nur in der Nebensaison möglich, und die begann erst nächste Woche!
Ich fand den Transport mit den Bussen eine sinnvolle und umweltbewusste Lösung. Nach etwa 20 Minuten waren wir bereits stressfrei auf dem 1'000 Meter hohen Ausgangspunkt angekommen und machten uns auf zur Umrundung der beiden Seen.
Den anfangs steilen Anstieg auf den touristischen Wanderpfaden hatten wir schnell hinter uns und wir erspähten bald den Lago de la Ercina. Er war in eine grüne Grasmatte eingebettet und umrundet von Gipfeln, dessen schroffe Wände des hellgrauen Gesteins an jene der Dolomiten erinnerten.
Ab hier wurden die Wanderpfade ihrem Namen gerecht. Auf der Ostseite des Ercina-Sees begannen wir die Umrundung der Berge El Mosquital und Bricial. Es folgten idyllische Almen und Kuhweiden, welche immer wieder zu einem Stopp einluden.
Je weiter wir wanderten, desto schöner wurde die Umgebung und unterstrich den vorauseilenden wohlwollenden Ruf dieser bekannten Wandertour. Sie war es wirklich wert. Der Pfad weiter zum Lago Enol schlängelte sich durch ein Labyrinth aus grossen Felsen und malerisch darauf thronenden Buchen. Auch einen kleinen, alten Buchenwald gab es zu entdecken.
Nach zweieinhalb Stunden waren wir wieder zurück auf dem Busparkplatz und fuhren wenig später hinunter nach Covadonga. Hier statteten wir dem Wallfahrtsort einen kurzen Besuch ab. Besser gesagt wir schritten mit einer wohlverdienten Glace in der Hand direkt hoch zur mächtigen Basilika und bewunderten neben dieser auch die grandiose Aussicht. Der Architekt hatte sich hier wirklich einen prächtigen Bauplatz ausgesucht!
Als wir am späten Nachmittag im Casa Rural Santu Colás eintrafen, waren wir von den vielen Eindrücken und vom wandern müde. Langsam merkten wir die Erholung und den Abstand des alltäglich Normalen. Nach einem feinen Abendessen im nah gelegenen Restaurant Sidreria Parrilla Casa Roman wurde es schliesslich ganz schnell still.
Weitere Fotos vom Samstag, 29. September 2018
Sonntag, 30. September 2018
Ein weiterer Wandertag im Naturpark Picos de Europa stand an. Heute sollte es nochmals prächtiges Sommerwetter geben, sodass wir nach einer grösseren, jedoch trotzdem kindergerechten Tour Ausschau hielten. Die Wahl war nicht einfach, den im Rother Wanderführer gab es duzende von lohnenden Touren, welche selbst Luca bestreiten konnte.
Doch wir hatten Ansprüche: So wollten wir nicht mit einer Seilbahn fahren – davon hatten wir in der Schweiz zur genüge –, touristische Wanderstrassen und Publikumsmagnete wollten wir meiden, jedoch trotzdem möglichst viel von der weitläufigen und phantastischen Gegend der Picos sehen.
Wir entschlossen uns, einmal um den ganzen Park herumzufahren und auf der Südseite eine Wanderung zu unternehmen. Die herausgesuchte Rundwanderung verlief zwar nicht in den Picos de Europa selbst, doch hatte sie alles, was das Wanderherz höherschlagen liess.
Frühstück gab es im Santu Colás jeweils ab 08:30 Uhr. Dies war hier in Nordspanien überall so. Vor 08:00 Uhr herrschte auf den Strassen noch tote Hose. Es lag vermutlich auch daran, dass erst gegen acht Uhr der Tag anbrach und es hell wurde. Entsprechend waren wir die Ersten am Frühstückstisch. Wenig später fuhren wir los auf der N-625 in das Tal des Rio Sella.
Bald befanden wir uns in der Desfiladero de los Beyos, eine eindrückliche, sehr enge Schlucht in deren sich die Strasse entlang dem immer kleiner werdenden Rio Sella heraufschlängelte. Die Strasse war schon eine Faszination für sich, doch auch die anschliessenden Aussichten auf dem Weg zum Puerto Del Pontón (Puerto bedeutet an dieser Stelle Pass) entlockten weitere Ah's und Oh's.
Vor Riaño trafen wir auf den gleichnamigen Stausee (Embalse de Riaño). Auch hier eine herrliche Aussicht auf den riesigen, dunkelblauen Wasserspeicher der Region. Bei Riaño wechselten wir die Strasse auf die N-621 und folgten dieser in östliche Richtung zum Naturpark.
Hier änderte sich das Landschaftsbild abrupt. Schroffe dunkle Felsen, braune Hügel und vereinzelte Bäume zeichneten die karge Gegend als wir hoch zum Puerto de San Glorio auf 1'650 Meter fuhren. Wenig später bogen wir links auf eine Strasse ein, welche uns zu der kleinen Ortschaft Dobarganes brachte. Das kleine Bergdorf war Ausgangspunkt unserer Wanderung.
Nachdem wir Fremden durch die ganzen Dorfbewohner gemustert wurden und zwei neugierige Kinder interessiert bei uns "Hola" sagten, starteten wir los auf die Rundwanderung, welche die Besteigung des Pico Jano (1'446m) beinhaltete. Zu Beginn ging es gleich steil hoch zu einem lichten Walde, wo wir einer unbefestigten Forststrasse entlang einer Weide folgten. Mitten durch Eichen und Buchenbäume folgen wir dem gut markierten Weg.
Auf der rechten Seite säumte sich eine Steinmauer, auf der anderen Seite der lichte, alte Eichenwald. Einzelne Sonnenstrahlen schienen durch die Blätter und beleuchteten den laubbedeckten Boden, wo vereinzelt Pilze raussprossen. So musste der perfekte Jakobsweg aussehen!
Bei einem kleinen Stausee hielten wir an und assen zu Mittag. Doch allzu lange gab ich den Wanderteilnehmern keine Pause. Es lag ein weiter Weg vor uns, und ich wollte vor der Dunkelheit das Auto wieder erreichen.
Es folgten steile Passagen, welche uns an der Sonne ganz schön zum Schwitzen brachten. Doch die faszinierende Landschaft, allen voran mit ihren alten grossen Eichen- und Buchenbäumen, lenkten immer wieder von der Anstrengung ab. Der blutorange-gefärbte Farn, die grünen Blätter der Büsche und das tiefe blau des Himmels machten den Wanderpfad zum Erlebnis.
Bald kamen zu diesen Farben die Felsen und Bergspitzen der Picos hinzu. Dem Panorama waren keine Grenzen mehr gesetzt. Rund um uns herum waren Weitblicke gegeben, an denen sich unsere Augen kaum sattsehen konnten.
Als wir den Gipfel erreichten und gemütlich über den Bergrücken heruntergehen konnten, waren die Anstrengungen des Aufstiegs lange vergessen. Erst im unteren Teil, als es steiler hinabging und wir bereits müde waren, spürten wir langsam die Erschöpfung. Doch eher bei Tanja und Emilia. Luca schien die 630 Höhenmeter und die 10 Kilometerwanderung gut wegzustecken. Ein Energiebündel wie es Emilia in seinem Alter war.
Bei einem weiteren kleinen Teich, kurz vor der Ortschaft Dobarganes wo unser Auto stand, liessen wir uns nochmals nieder zum Picknick. Danach waren alle unsere Vorräte aufgegessen. Kurz die Füsse im Wasser abkühlen und schon ging es weiter auf den letzten Abschnitt der Wanderung.
Nach gut fünf Stunden waren wir zurück beim Auto und traten die Weiter- bzw. Heimfahrt rund um den Nationalpark an. Die Sonne stand bereits tief im Horizont hinter uns im Nacken und lies die Landschaft auf unserem Weg nach Potes in einem bezaubernden Licht erblicken.
Potes, der rund 1'500 Einwohner zählende Hauptort des fruchtbaren Landstriches Liébana, liegt auf rund 290 Meter Höhe und damit der Bergkulisse der Pico de Europa zu Füssen. In einer Bar gleich neben dem mittelalterlichen Festungsturm Torre del Infantado konnten wir die letzten Sonnenstahlen des Tages geniessen. Dazu gab es ein paar Häppchen und für alle etwas Leckeres zu trinken.
Auf der Rückfahrt nach Corao war es dann um einiges leiser im Auto. Einzig, wenn mal wieder ein bekanntes Lied aus der Songliste meines iPhones aus den Lautsprechern dran, welches die Kinder kannten, wurde lautstark mitgesungen.
Erst um 21:00 Uhr erreichten wir unser Hotel. Wir hatten es geschafft: Der Parque Nacional de los Picos de Europa war umrundet und den drei Provinzen Asturien, Leon und Kantabrien ein Besuch abgestattet.
Weitere Fotos vom Sonntag, 30. September 2018
Montag, 01. Oktober 2018
Den heutigen Montag nutzten wir als Ruhetag. Nach der gestrigen langen Wanderung wollten alle mal wieder kräftig ausschlafen. Nach dem Frühstück "musste" Emilia erst mal ein paar Mathematik- und Leseübungen erledigen. Luca spielte derweil draussen im Garten.
Ich hatte die Gelegenheit das Reisetagebuch der letzten Tage aufzubereiten und Tanja konnte endlich mal wieder gemütlich im Bett in einem Buch lesen.
Für das Mittagessen fuhren wir nach Cangas de Onís, um uns den Ort ein wenig genauer anzuschauen. Kaum zu glauben, aber dieser am Zusammenfluss von Güeña und Sella gelegene Ort mit 6'500 Einwohnern war einst Hauptstadt des asturischen Reiches.
Nun, die Zeiten waren anders und liegen schon Jahre zurück. Zu Beginn des 8. Jahrhunderts war es der sagenumwobene Fürst Pelayo, der die Mauren 722 in der Schlacht von Covadonga besiegte und sich hier als Herrscher über ein kleines Königtum niederliess.
An der historischen romanischen Brücke hängt noch immer das sogenannte Siegeskreuz des Pelayo. Es war sehr beindruckend, wie viele Menschen nach Covadonga und auch Cangas de Onís kommen, um dem historischen Mix aus Geschichte und Religion einen Besuch abzustatten.
Zurück im Santu Colás gab es erst einmal eine längere Siesta. Den Nachmittag nutzten wir, um unsere Koffer ein wenig aufzuräumen und die Seele baumeln zu lassen. Am Abend fuhren wir abermals nach Cangas de Onís, um die Wäsche zu waschen und Abend zu essen.
Dabei probierten wir den hier überall angepriesenen Sidra, eine Asturische Spezialität, schlechthin. Der Apfelwein wird aus einer hoch über den Kopf gehaltenen Flasche ins Glas gegossen, damit er schäumt. Wahre Könner vergiessen dabei nicht einen Tropfen. Doch oft sieht der Boden vor den Lokalen eher verdreckt aus, zudem riecht man den Sieder-Geschmack schon von weitem.