Ottawa – 04. bis 09. September 2011
Sonntag, 04. September 2011
In der Nacht auf Sonntag zog ein heftiges Gewitter über die Region. Den ganzen Vormittag über regnete es „cats and dogs“ und die Temperatur ging bis auf 15 Grad Celsius zurück. Eigentlich wollten wir uns Pembroke ein wenig genauer anschauen und evtl. den einen oder anderen Ausflug zum Ottawa River unternehmen. Bei diesen Verhältnissen aber hatten wir keine Lust dazu. Bereits gestern hatten wir Kontakt mit Dorit – einer Freundin meiner Mutter und Bullyzüchterin – aufgenommen. Elsbeth erzählte Dorit, dass wir in Ost-Kanada unterwegs sein würden und diese meinte, wenn wir Lust hätten, dann könnten wir gerne mal bei ihnen vorbeischauen. Wir entschieden Dorit und ihren Mann Ruedi zu besuchen und fuhren daher direkt nach Almonte, wo sie leben. Aus dem Vorbeischauen wurden schliesslich fünf ganze Nächte.
Als wir am Nachmittag dort eintrafen staunten wir nicht schlecht über das Haus und das Grundstück. Für uns erschienen das Holzhaus mit dem grossen Naturgarten mitten im Wald am See wie ein privates Erholungsressort. 14 Bullys bellten uns willkommen. Emilia kam aus dem staunen nicht mehr heraus und strahlte über das ganze Gesicht. Wauwau, wauwau waren die restlichen Worte des Tages. Als sie dann noch die zwei Katzen kennenlernte, war ihr Glück vollkommen.
Dorit ist Tierärztin und züchtet nebenbei französische Bulldogen. Bei diversen Bullyveranstaltungen und Themen rund um diese Hunderasse lernten sich meine Mutter und sie kennen. Dorit und Ruedi sind Auslandschweizer, welche vor über 30 Jahren nach Kanada ausgewandert sind. Und nun waren wir hier. Doch wir waren nicht die einzigen Gäste. Stèphane und Giuliana aus Mexiko – Freunde von Dorit’s und Ruedi‘s Sohn Falco – waren ebenfalls auf Besuch. Sie studierten in Montreal und waren über das Labour Day-Wochenende gekommen. So waren wir also ein bunter Mix verschiedener Nationalitäten und konnten sogleich alle möglichen Sprachen einsetzen.
Am Nachmittag machten wir alle einen Ausflug zum Lake Robb. Dort badeten wir und genossen das nun besser gewordene Wetter bei immerhin 28 Grad.
Montag, 05. September 2011
Dorit offerierte uns länger zu bleiben. Wir sollen doch die Attraktionen in der Gegend von Almonte aus erkunden und jeweils bei ihnen übernachten. Ein Angebot, das wir gerne annahmen. Aber auch die Tipps und Vorschläge, welche uns die beiden gaben, waren für uns sehr wertvoll. Heute würden wir den Charleston Lake Provincial Park besuchen und eine kleine Wanderung unternehmen.
Gerade als ich beim Auto die Wanderschuhe holen wollte sah ich ihn: Vor dem Haus auf einem Felsen stand ein Schwarzbär! Als er mich sah stand er auf zwei Beine und rümpfte seine Nase. Ich war so überrascht, dass ich erst mal keinen Ton herausbrachte. Als ich dann die Haustüre wieder schloss und sagte: „da draussen ist ein Bär“, hatte dieser auch schon wieder den Rückzug ins Dickicht angetreten, sodass ihn ausser Ruedi niemand mehr gesehen hatte. Schnell brachte Dorit alle Hunde ins Haus, die anderen holten schnell Schuhe und Fotoapparate und im Schlafanzug machten wir uns auf die Suche nach dem Bär. Doch so gut wir auch suchten, es war keine Spur mehr von ihm zu finden. Noch lange sass Ruedi mit dem Feldstecher auf der Bank vor dem Haus, leider ohne ihn erneut zu erspähen. Die beiden bekommen einen solchen Bären nur etwa alle fünf bis zehn Jahre zu sehen; erst recht so nahe beim Haus. Ich hatte also sehr viel Glück, einen wilden Bären so nahe mit eigenen Augen zu sehen :-)
Das Wetter war noch nicht so toll und die Temperaturen fielen die vorangegangene Nacht unter 15 Grad. Trotzdem starteten wir mit unseren Wandersachen und packten sicherheitshalber noch die Regenjacke ein. Bei Tim Horton kauften wir zwei Sandwiches als Zwischenverpflegung ein, bevor wir beim Nationalparkgate die Parkgebühr von 14.-$ (!) bezahlten. Viel war hier nicht mehr los. Die Saison war zu Ende, nur noch die hartgesottenen Camper standen mit ihren Riesenwohnmobils auf den Campgrounds.
Wir starteten zum 10km langen Tallow Rock Bay Loop Trail. Er führte uns durch dichte Wälder über ausgewaschene Felsen immer wieder zu vielen Seen und Sümpfen der Region. Ein Postkartenmotiv folgte dem nächsten. Trotz des bedeckten Himmels waren die Ausblicke wunderbar. Bereits auf dem ersten Kilometer konnten wir eine Wasserschlange beobachten, ehe sie sich durch das Schilf schlängelte um sich darin zu verstecken. Selbst die geschwätzige Emilia verhielt sich ruhig und beobachtete das schwimmende Tier.
Etwa in der Hälfte des Trails machten wir eine Mittagspause und assen unsere Sandwiches. Wir waren ganz alleine unterwegs, nur gerade vier Personen begegneten wir auf der Strecke. Leider galt dies auch für die Tiere. Ausser Eich- und Erdhörnchen, Frösche und Moskitos konnten wir im Park, abgesehen von der Schlange, keine weiteren Tiere ausmachen. Aber immerhin.
Den Abend verbrachten wir bei gutem Essen und netter Gesellschaft bei Dorit und Ruedi.
Dienstag, 06. September 2011
Die Schulferien in Kanada waren mit dem heutigen Tag vorbei. Wir entschieden einen Ruhetag einzulegen. Bis jetzt hatten wir jeden Tag etwas auf dem Programm stehen und wir kamen einfach nicht zur Ruhe.
Als erstes schliefen wir erst mal bis um halb zehn Uhr aus. Auch Emilia schien den Schlaf zu benötigen. Dann statteten wir der Tierpraxis von Dorit in Stittsville einen Besuch ab und brachten ihr Fernando, einen ihrer Hunde, für eine Untersuchung vorbei. Bei dieser Gelegenheit führte Dorit bei Tanja einen Zeckentest durch, denn auf der Wanderung im Algonquinpark hatte sie etwas giftiges Gebissen, was ihren Unterarm stark anschwellen lies. Der Hunde-Zeckentest schien auch beim Menschen zu funktionieren und es konnte Entwarnung gegeben werden.
Nach einem Einkaufsbummel und einem Snack im „Subway“ kehrten wir zurück zum „Haus am See“, wo wir am späteren Nachmittag eine Wanderung auf dem Grundstück unternahmen. Die Gegend hier war wirklich noch wild, das zeigte schon der gestrige Bärenbesuch, und es galt sich hier nicht zu verlaufen.
Mit einer von Dorit handgefertigten Skizze marschierten wir los. Über die kleine Holzbrücke verliessen wir den Garten und wechselten zur Halbinsel rüber. Dann ging es durch Dickicht, Wälder und Wiesen weiter. Die Gräser waren teilweise so hoch wie wir und nahmen auch der getragenen Majestät Emilia teilweise die Sicht.
Wiederum konnten wir Wasser- und Landschlangen entdecken, grosse Vögel und kleine Frösche flüchteten vor uns und zur Krönung des Tages erspähten wir ein Reh, das erschrocken aber dennoch leichtfüssig von uns wegsprang.Die Farbenpracht der Wälder und Wiesen waren herrlich, langsam setzte der Indian Summer ein. Hoffentlich werden wir noch viel von ihm sehen.
Mittwoch, 07. September 2011
Den heutigen Tag widmeten wir uns voll und ganz der Stadt Ottawa. Nach dem Frühstück starteten wir zur 40 Minuten entfernten Landeshauptstadt. Hier parkten wir beim National Arts Center, wo wir zur Fuss zur Erkundung losliefen.
Ottawa beeindruckt nicht wie andere nordamerikanische Grossstädte durch hohe Wolkenkratzer und riesige Geschäftsviertel, sondern eher durch den Charme einer liebenswerten Stadt in einer aussergewöhnlichen schönen landschaftlichen Umgebung. Ottawa liegt am Zusammenfluss des Ottawa und des Rideau River, wird durchzogen vom Rideau-Kanal und ist umgeben von einer wald- und seenreichen Landschaft mit vielen Erholungsmöglichkeiten.
Als erstes umrundeten wir den Parliament Hill, der Hügel am Ufer des Ottawa River, auf dem in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Parlamentsgebäude nach englischem Vorbild erbaut wurden. Dann zogen wir einen Strassenblock weiter zum Byward Market, einem sehr schön gestalteten Stadtviertel mit vielen Geschäften, Strassencafés und Restaurants.
Nach dem Kauf von einem Pack Windeln (wir hatten sie vergessen mitzunehmen – ja man muss an vieles Denken!) überquerten wir den Ottawa River via Alexandra Brücke. Rechts neben uns besichtigten wir noch die grosse Spinne vor der National Gallery of Canada und rechts sahen wir auf die Schleusen des Rideau-Kanals und das Bytown Museum.
Unser Ziel in Gatineau Hull – so wird die Gegend auf der anderen Flussseite genannt – war das Canadian Museum of Civilization. Wir besuchten das Museum nicht, dafür benötigt man mindestens einen Tag, aber das Gebäude an sich sowie die Aussicht hinüber zu den Parlamentsgebäuden macht einen Besuch zur Pflicht! Wieder zurück in Ottawa, schlenderten wir wieder beim Byward Market vorbei und nahmen noch einen indischen Imbiss zu uns, bevor wir uns auf die Heimfahrt begaben.
Dies war der letzte Abend, den wir bei Dorit und Ruedi im Haus am See verbrachten. Ruedi zauberte wiederum leckeres Essen wie in einem fünf Sterne Hotel: es gab Quiche mit verschiedenen Salaten. Als Nachspeise gab es Mangostreifen mit Vanilleeis und Gin.