Eseltrekking Frankreich
Mittwoch, 11. August 2021 – Tag 4: Chalimont - Corrençon en Vercors
Die Feuchtigkeit liess in der Nacht nicht ab. Am nächsten Morgen war alles meiste tropfnass und musste erst einmal in der Sonne ausgebreitet und getrocknet werden. Nebenher bereiteten wir das Frühstück zu. Wir hatten gut kalkuliert; fast alle Lebensmittel waren aufgebraucht.
Die restliche Verpflegung packten wir für das Mittagessen ein, denn den Abend würden wir bereits in der Stadt Grenoble verbringen und dort sicherlich ein stattliches Dinner geniessen. Doch zuvor lag noch harte Arbeit und ein langer Weg vor uns.
Unser Lager abzubauen und die Esel zu satteln fiel uns immer einfacher und der Vorgang dauerte wesentlich kürzer als noch vor drei Tagen. Wir hatten uns an dieses einfache Leben gewöhnt und jeder hatte seine Aufgaben.
Wichtig und im Zentrum waren die notwendigen Dinge "dieses" Wanderlebens geworden. Unsere Aufmerksamkeit und Konzentration zielten auf die Dinge im hier und jetzt, denn für andere Gedanken war kein Platz. Die Langsamkeit unserer Fortbewegung im Trotte der Esel wirkte je länger je mehr meditativ auf mich. Obwohl körperlich anstrengend, konnte dieses Leben so einfach sein.
Unser Weg führte uns nach Les Sables, eine Siedlung, die vor allem im Winter für den Langlaufsport aufgesucht wird. Hier hatten wir grosse Mühe den Weg zu finden. Zum einen war er nicht ausgeschildert, zum anderen war unsere Karte an dieser Stelle unleserlich geworden und ich hatte keinen Akku mehr im Navigationsgerät.
Nach langem hin und her, nahem wir schliesslich einen Pfad und trafen glücklicherweise im Verlauf des Vormittages wieder auf unsere geplante Route. Denn heute hatten wir ein festes Ziel: Wir mussten bis am Abend in Corrençon en Vercors ankommen und die Esel wieder abgeben.
Den richtigen Weg zu finden war unterwegs oft eine der grössten Herausforderungen. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Leute, die so ein Eseltrekking unternehmen dieser Sache auch gewachsen sind. Auf jeden Fall finde ich, dass die Eselvermieter ein grosses Vertrauen in Ihre Kunden haben müssen. Bestimmt musste die eine oder andere Eselwandergruppe schon mal gesucht oder irgendwo abgeholt werden. Da gibt es bestimmt lustige Geschichten dazu.
Doch vorerst galt es unseren Weg zu finden. Zur Mittagspause setzen wir erst an, als wir den gefährlichen, extrem steilen Weg gemeistert hatten und Corrençon en Vercors in der Ferne erblickten. An einer wunderschönen schattigen Waldwiese oberhalb des Ortes genossen wir ein letztes Mal das Picknick mit Tilleul und Vladimir. Dann riefen wir Caroline an, dass wir bald den vereinbarten Treffpunkt erreichen würden.
Es herrschte sommerliche Hitze als wir den Parkplatz erreichten. Caroline kam mit Anhänger und wir verluden das Gepäck im Auto. Auch Tilleul und Vladimir wurden verladen und wir fuhren zurück nach Villard-de-Lans, wo wenig später unsere beiden liebgewonnenen Esel wieder auf Ihre Heimatweide zurückkehren durften.
Der Abschied ging schnell, doch meine Gedanken waren immer noch woanders. In den Bergen, im Wald, in der Wegfindung, in der Autonomie auf uns selbst zu achten, genügend Wasser mit dabei zu haben, in der Ruhe der Natur. Doch nun standen wir wieder vor unserem VW-Bus: Genügend Essen, Trinken, Navi, Musik, viele Leute, Hektik, Lärm.
OK, in der Zivilisation gibt es auch einiges auf was ich mich freute. So war es eine Wohltat später am Abend im Hotel in Grenoble wieder mal zu duschen, frische Kleider anzuziehen und etwas Leckeres im Restaurant zu essen, ohne selber kochen zu müssen. Doch der Wechsel war schon krass.
Spätestens nach einer kühlen Flasche französischen Weisswein hatten wir uns wieder an die Stadt gewöhnt und erkundeten das Zentrum nach dem Abendessen. Unter andrem fuhren wir mit den runden Gondeln der Téléphérique hoch zur Bastille. Die bekannte Festungsanlage aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist das Wahrzeichen von Grenoble schlechthin. Der Ausblick über die Stadt und ihre alpine Umgebung ist selbst bei Nacht einen Besuch wert.
Übernachtet hatten wir im Hotel Citadines City Centre Grenoble.
Weitere Fotos vom Mittwoch, 11. August 2021
Donnerstag, 12. August 2021 & Freitag, 13. August 2021
Heute war Sightseeing angesagt bei heissen 35 Grad. Grenoble, gegründet von den Galliern im Jahre 43 v. Chr., kommt sehr vielschichtig daher. Ein bis zwei Tage sollte man sich für die Erkundung schon Zeit nehmen. Laufmüde, wie wir nach den vergangenen Tagen waren, fuhren wir mit dem Petit Train Touristique durch die Innenstadt und bekamen so einen guten Überblick.
Den Nachmittag verbrachten wir mit leckerem Käse, Trauben und Wein im Parc Paul Mistral mit Blick auf den mächtigen Tour Perret. Dieser 95 Meter hohe Aussichtsturm wurde 1924 anlässlich der im Jahr darauf stattfindenden «Exposition internationale de la houille blanche» nach Plänen des Architekten Auguste Perret errichtet und ist der erste aus Stahlbeton konstruierte Turm in Europa.
Übernachtet hatten wir nochmals im Hotel Citadines City Centre Grenoble. Am nächsten Morgen fuhren wird dann wieder nach Hause. Obwohl wir nur sechs Tage unterwegs waren, kam es mir viel länger vor. Ich werde die Esel Tilleul und Vladimir, die Langsamkeit des Gehens und das einfache Outdoorleben im Nationalpark von Vercors noch lange in Erinnerung behalten. Und eventuell sogar wieder einmal erleben wollen.