Project RAFT - Mit dem Floss unterwegs auf dem Doubs
Einmal wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn in der Wildnis unterwegs sein. Alleine auf sich gestellt, ohne Verpflichtungen und Zeitplan, machen was einem gefällt und das Vagabundenleben geniessen. Somancher hat schon davon geträumt, in Kindeserinnerungen geschwelgt und an die vielen bezwingbaren Abenteuer gedacht.
Dominik als Huck und ich als Tom, nahmen uns dem Abenteuer an und fuhren mit unserem selbst gebauten Floss drei Tage die Strömung des Doubs herunter.
Preparation
Im Sommer 2008
Bereits im Sommer 2008 begannen die ersten Arbeiten an unserem neuen Projekt. Als erstes musste eine Konstruktion entworfen werden, welche genügend Platz bot und zudem schwimmtauglich war. Zu jener Zeit wollten wir noch auf dem Floss in Hängematten übernachten und eine kleine Feuerstelle zum grillieren einrichten. Beim ersten Design der Nutzfläche kamen wir schliesslich auf 4x3 Meter, sprich 12 Quadratmeter.
Eine weitere Anforderung war, dass nichts geschraubt, gebohrt oder sonstige Befestigungshilfsmittel benutzt werden dürften. Unser Gefährt sollte nur aus Holz und Seilen bestehen. Eine Ausnahme sollte es bei den Plastikfässern geben. Der Auftrieb nur mittels Holz wäre bei unserem geplanten Biervorrat zu wenig gewesen.
In den folgenden Monaten machten wir uns auf, das notwenige Material zu besorgen. Dank ricardo.ch und guten Freunden konnten wir das Equipment kostengünstig beschaffen. Als Bauplatz wurde der Garten von meinen Eltern hergenommen. Wir wollten einige Konstruktionen erst mal im Trockenen testen.
Bald stellte sich heraus, dass wir die Übernachtungen wohl doch besser an Land verbringen würden und das Floss dafür ein wenig kleiner und dynamischer bauen würden. Aber dazu kam es in diesem Sommer nicht mehr. Wir lagerten unser Floss ein und überwinterten es ins nächste Jahr.
Investigation
Im Frühling 2009
Bevor wir weitere Baupläne für unser Floss erstellten, wollten wir uns ein Bild der Situation vor Ort schaffen. Uns beschäftigten zahlreiche Fragen, wie „gibt es Wehre, die umgangen werden müssen“, „wie breit sind die Brückendurchgänge“, „sind Hindernisse vorhanden, die berücksichtigt werden müssen“, „wo wäre ein möglicher Bauplatz bzw. wo kann gewässert werden“, „wie soll die Anfahrt und Rückfahrt erfolgen“, und so weiter.
Wir entschlossen uns, die Strecke mit den Mountainbikes entlang des Flussufers abzufahren. An einem schönen Maitag radelten wir schliesslich in Begleitung von Tanja los.
Die Gegend entlang des Doubs war wunderschön, die herausgesuchte Strecke genial. Wir würden drei Tage alleine unterwegs sein. Uns wurde jedoch klar, dass das Vorhaben umgeändert werden musste. Das Floss musste möglichst klein, wendig und mit viel Auftrieb konstruiert werden. Unser Material und Gepäck musste auf ein Minimum reduziert werden. Dann sollte das Abenteuer gelingen.
„Reduce to the max!“
In den kommenden Wochen besorgten wir das restliche Equipment und bereiteten das Floss vor.
DAY 1
Samstag, 29. August 2009
Die Sonne lachte bereits, als Dominik mit seinem Bus unseren Bauplatz erreichte. Sein Vater begleitete ihn, er würde den Bus zurückfahren und uns in drei Tagen in St. Ursanne wieder abholen. Wir verluden Holz, Fässer und Proviant und fuhren los in Richtung Jura.
Als Ausgangspunkt hatten wir eine Waldlichtung in der Nähe von Soubey ausgesucht. Hier wurde alles Material abgeladen und mit den Bauarbeiten begonnen. Schnell stellte sich heraus, dass ich zwei Holzstämme zu Hause vor dem Eingang liegen gelassen hatte. Aber selbstverständlich hatten wir Axt und Säge dabei. Schnell fanden wir Ersatz.
In den kommenden Tagen verzichteten wir nicht auf gute Küche und Getränke! Da wir keine Zeit zum Angeln hatten, haben wir die frischen Forellen für den ersten Tag mit eingepackt. Dazu ein Bier und zum Verdauen ein Schnaps versteht sich.
Am späteren Nachmittag war es dann soweit. Wir wässerten und legten die Leinen los. Die Fahrt begann und damit das Abenteuer.
Anfangs trafen wir noch Kajakfahrer an, mit denen wir mit einem Bierchen anstiessen. Doch schon bald wurde der Flussverlauf wilder – Bötlifahrer wurden mit Hinweisschildern ermahnt nicht weiter zu fahren. Zum Glück waren wir mit dem Floss unterwegs.
Meine Erinnerungen nach Soubey sind nur noch wage. War es die Sonne oder das Bier? Vielleicht beides. Doch so recht entsinnen konnte ich mich erst wieder, als ich mit ein paar Holzbalken auf einer Insel strandete. Unser Floss war komplett auseinander gefallen und überall schwammen unsere blauen Fässer. Die letzte Stromschnelle hatten wir anscheinend nicht optimal angefahren...
Doch Zeit zu jammern hatten wir keine. Es wurde bereits dunkel und wir mussten unser Nachtlager aufbauen. Mit den nassen Kleidern froren wir – zum Glück hatten wir nichts verloren und somit Ersatzklamotten.
Als schliesslich die Hängematten montiert, das Fleisch auf dem Feuer brutzelte und der erste Schluck Rotwein unten war, stieg die Stimmung wieder flink. Was waren wir doch für Glückspilze; hier alleine in der Natur unter dem Sternenhimmel in der Stille. Einfach genial!
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DAY 2
Verflucht war das eine kalte Nacht! Die Sonne kam nur spärlich zu unserem Platz durch und auf dem Boden lag ein Reif. Verflucht nochmals. Das Floss ist ja ganz im Eimer.
Die morgendliche Stimmung war nicht die Beste. Doch es gab kein Zurück. Wir mussten das Floss komplett neu bauen…
Drei Stunden später legten wir – mit einem Fass weniger – los. Der Wasserpegel hatte durch das schöne Wetter ganz schön abgenommen. Zudem hatten wir ein Fass weniger auftrieb. Oft mussten wir bei seichten Stromschnellen aussteigen und unser Gefährt ziehen. Da kam es schon mal vor, dass wir auf 20 bis 30 Meter ganz schöne Körperarbeit leisten mussten. Natürlich wurde dies dann immer gebührend mit einem Schluck Weizengetränk belohnt. Schliesslich mussten wir auch Gewicht verlieren.
Unser Nachtlager richteten wir heute vor der Dunkelheit ein! Ja, man lernt aus Fehlern. Dominik entschied sich auf dem Boden zu schlafen, ich blieb meiner Hängematte treu. Wiederum war es eisig kalt. Lange sassen wir noch vor dem wärmenden Feuer…. bis uns das Holz ausging.
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DAY 3
Montag, 31. August 2009
Die Menschen stehen auf, bereiten ein Frühstück zu und gehen zur Arbeit. Dies war bei uns nicht anders. Wiederum mussten wir einige Modifikationen am Floss vornehmen, da ein Spanngurt eines Fasses verloren ging.
Es brauchte ganz schön Überwindung in die nasse, kalte Kleidung zu steigen, um dann damit in dem noch kälteren Fluss herum zu waten. Doch bald stand die Sonne hoch und alles war vergessen.
Gemächlich trieb uns die Strömung voran. Ein eindrückliches Erlebnis der Langsamkeit. Gerne wäre ich noch länger so weiter gedriftet. Doch schon bald konnte man die grosse Eisenbahnbrücke vor St. Ursanne sehen.
Auf Dominiks Vater war verlass! Der grüne Bus stand am Ortseingang an einer guten Anlegestelle schon bereit. Nochmals machten wir ein ausgiebiges Picknick, bevor wir unser Floss wieder auseinander montierten und im Fahrzeug verstauten.
Mit der Fahrt zurück nach Basel endete auch das Abenteuer von Tom und Huck. Ein Abenteuer, welches einmalig war und bestimmt in einem anderen Rahmen fortgeführt wird!