Kärlingerhaus-Funtensee Wanderung
Vom Königssee durch die beschwerliche Saugasse zum Funtensee. Eine Wanderung mit der ganzen Familie.
Dienstag, 01. August 2017
Es ist der Schweizer Nationalfeiertag. Doch das interessiert hier niemanden. Wir sind gerade auf dem grossen Parkplatz in Schönau am Königssee angekommen und lösen ein Parkticket für zwei Tage. Die Rucksäcke sind bereits fertig gepackt, die Wanderschuhe fest zugeschnürt und die Wanderroute klar.
Von der Halbinsel Hirschau bei St. Bartholomä soll die Wanderung über die berüchtigte Saugasse zum Funtensee führen. Dort hatten wir bereits Monate voraus ein Zimmer für fünf Personen reserviert. Denn auch Nany, unser Au-pair, begleitete uns vier. Wir hatten ihr versprochen sie mal auf einen Wanderausflug mitzunehmen und nun war es soweit.
Ein elektrobetriebenes Boot der Schifffahrtsgesellschaft Königssee brachte uns nach St. Bartholomä, wo wir erst in der historischen Gaststätte Sankt Bartholomä unseren Durst stillten. Denn es war bereits über 25 Grad warm und wir wollten unseren Wasservorrat nochmals auffüllen.
St. Bartholomä kannte ich bestens. War ich doch nun schon das dritte Mal hier. Zuletzt ebenfalls am 1. August im Jahre 2011, als ich anschliessend die Watzmann-Ostwand durchstieg. Ein Abenteuer, an welches ich auch heute noch oft denken muss. Einfach einmalig war die Tour dazumal.
Doch heute führte uns der Weg erst etwa zwei Kilometer dem flachen Ufer des Königssees entlang in Richtung Norden, ehe wir dann mit herrlichen Ausblicken auf den Königssee und Obersee durch den Wald aufstiegen.
Vorbei an den Schrainbachfällen, steil hoch zur Schrainbachalm, kämpften wir uns langsam zur berüchtigten Saugasse hoch. Bis hierher lief Luca alles alleine. Doch nun wurde er müde und die Trage musste her. Verständlich, denn wer wollte die 36 Kehren und 400 Höhenmeter der Saugasse mit den Beinen eines fast Vierjährigen bestreiten?
Tanja und ich müssen im Nachhinein zugeben, dass die Tour einem einiges abverlangte. Irgendwie hatten wir den Aufstieg zum Kärlingerhaus nicht mehr so anstrengend in Erinnerung. Doch seit unserer Durchquerung des Steinernen Meers (unsere Hochzeitsreise) sind doch einige Jahre vergangen und Strapazen vergisst man doch sehr schnell.
Auf jeden Fall war es für alle die Schlüsselstelle der Wanderung. Doch danach nicht genug, erst musste ja noch das Kärlingerhaus erreicht werden. Emilia macht das ganze nichts aus. Sie war Wandererprobt und ihr ist kein Weg zu steil. Nach einer weiteren Stunde und zahlreichen Kehren erblickten wir endlich unsere Unterkunft. Dahinter der Funtensee und die phantastische, liebliche Berglandschaft.
Komischerweise war unser Zimmer "storniert"! Doch Gottseidank hatten wir die ausgedruckte Reservierungsbestätigung dabei! So verschoben sie einige Gäste und wir hatten unser eigenes Zimmer. Doch dieses war sehr spartanisch und stank nach Abwasser der Toilette. Doch wir waren froh hier nächtigen zu können.
Ausser den Kindern war der weibliche Teil unserer Gesellschaft – wie sagt man so schön auf Schweizerdeutsch – "ganz schön uf dr Schnurre". So gingen nur ich und die Kinder im Funtensee baden und das Weissbier schlürfte ich ebenfalls alleine bis wir schliesslich bereits um 21:00 Uhr unser Zimmer aufsuchten! Doch dies war nicht verkehrt, schliesslich mussten wir morgen wieder früh raus. Denn das Frühstück wurde nur bis 08:00 Uhr serviert.
Mittwoch, 02. August 2017
Die Nacht war angenehm und ruhig. Um 06:00 Uhr klingelte Nany's Wecker. Langsam erwachte der eine bzw. die eine nach der anderen. Das Frühstück war grosszügig und es gab eine grosse Auswahl. Gestärkt starteten wir um 08:00 Uhr den Rückweg. Emilia, wie immer an der Front unserer Wandergruppe, dahinter Nany, dann abwechselnd Luca, Tanja oder ich.
Das Wetter war wieder herrlich und der Himmel versprach einen heissen Sommertag. Frohen Herzens schritten wir der Saugasse entgegen, als plötzlich Emilia uns entgegenkam und sagte, dass Nany gestürzt sei.
Wenig später erreichten wir sie. Ihr Knie hatte sich bei einem Fehltritt verdreht und verursachte starke Schmerzen. Dies war nicht das erste Mal, dass sie Probleme mit diesem Knie hatte, weshalb sie vorsichtshalber eine Bandage trug. Diese verhinderte Schlimmeres. Doch wir befanden uns immer noch oberhalb der Saugasse und noch rund drei Stunden von St. Bartholomä entfernt!
Unter Schmerzen versuchte sie aufzustehen bzw. das Bein wieder zu belasten. Ihrem Gesicht konnte man entnehmen, dass dies momentan fast unmöglich war. Es gab nun zwei Möglichkeiten: Entweder wir alarmierten die Bergwacht oder sie kam mit eigenen Kräften hinunter nach St. Bartholomä.
Ich gab ihr erst einmal eine Ponstan-Tablette gegen die Schmerzen. Dann stützte ich sie und wir gingen sehr langsam Schritt für Schritt den Weg entlang. Bald realisierte ich, dass sie dies schaffen kann und motivierte sie mit all meiner Überzeugungskraft.
Stetiges, langsames Gehen war angesagt. Auf Schritt und Tritt stützte ich sie dabei. Im oberen Drittel der Saugasse holten uns andere Wanderer ein, welche Nany's Rucksack bis zum Saugasseneinstieg mitnahmen. So hatte ich diese Last weniger.
Geduldig aber stetig kamen wir voran. Bald hatten wir die Saugasse hinter uns und gelangten zum vereinbarten Treffpunkt mit Tanja und den Kindern. Hier gab es die letzten Essensvorräte und genügend Flüssigkeit für die restliche Strecke bis nach St. Bartholomä.
Wir unterhielten uns bei der Wanderung ununterbrochen und ich erfuhr viel und noch Unbekanntes über Nany's Leben. Das Erzählen hielt sie davon ab, sich auf die Schmerzen zu konzentrieren. Schliesslich erreichten wir das Ufer des Königsees wieder, wo Tanja und die Kinder bereits badeten.
Auch ich kühlte mich kurz in dem kühlen Nass ab, während Nany auf dem nun gut ausgebauten, ebenen Wanderweg mit Stöcken alleine weiterschritt. Kurz vor dem Pier holten ich und Emilia sie schliesslich wieder ein. Hier assen wir zu Mittag. Inzwischen war es 14:00 Uhr geworden und wir waren alle hungrig.
Mit dem Boot ging es dann zurück nach Schönau, wo es noch kurz Zeit für ein Glace, eine Elektro-Autofahrt und für Souvenir-Shopping hatte. Den VW-Bus erreichten wir gerade noch rechtzeitig bevor ein heftiges Gewitter mit starken Niederschlägen begann! Was für ein Glück hatten wir rechtzeitig Schönau und unser Auto erreicht.
Fazit: Anstrengende Wandertour, welche für Kinder unter 5 Jahren noch nichts ist. Die Schönheit der Region macht jedoch alle Strapazen wett. Und hoffentlich auch bald Nany's Knieschmerzen.