Kettenjura-Wanderung
Zweitägige Wanderung mit Biwak auf und in den Tälern des Kettenjuras zwischen Moutier und Rebévelier.
Samstag, 08. Mai 2021
"Wieso in die Ferne schweifen, wenn das Schöne doch so nahe ist". Nun ja, ich wäre eigentlich an diesem Wochenende gerne in die Ferne gefahren. Der Corona-Blues hing allmählich schwer an mir und ich sehnte mich nach Orten ausserhalb der Schweiz.
Doch es war Dominik, der nicht von der Idee abliess, im Kettenjura das Wochenende zu verbringen. Viele interessante Alternativen blieben wirklich nicht mehr übrig. Die Wochenendtage in einem überfüllten Kletterspot zu verbringen, darauf hatte ich keine Lust. In den Bergen lag noch Schnee bis auf 2'000 Metern, Skitour – na ja und Van-Live war so populär, dass sowieso die grosse Masse der neuen Outdoor-Generation die schönen Plätze besetzte.
Beim genaueren Überlegen war es wirklich so: Der Mai ist die beste Jahreszeit für so eine Unternehmung. Zudem musste ich mich nicht gross vorbreiten, es standen keine sportlichen Ambitionen im Vordergrund und die Aussicht, am Sonntagabend wieder zum Abendessen bei der Familie zu Hause zu sein war nicht abwegig.
Der mittlere Rucksack musste her. Hinein kamen das kleine Zelt, die Downmat, der dicke Schlafsack, die Daunen- und Regenjacke sowie Ersatzwäsche. Der Rest des Platzes wurde gefüllt mit viel Essen und Getränken. Es sollte uns die nächsten 48 Stunden schliesslich gutgehen!
Die Anreise nach Courrendlin, dem Ausgangspunkt unserer Unternehmung, erfolgte mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Dominik traf ich im Zug auf dem Weg nach Moutier. Der schräge Vogel mit dem Lederhut auf dem Kopf viel sofort im Zugwagon auf. Doch ich sah mit meinem gekrausten langen Haar mit Sixty-Stirnband auch nicht viel besser aus.
Nachdem uns das Postauto nach Courrendlin gebracht hatte, folgten wir dem ausgeschilderten Wanderweg nach Les Esserlats und weiter durch die Champs la Joux bis Vellerat. Ab diesem Dörfchen vielen unsere Blicke bei jeder Gelegenheit auf die eindrücklichen Felsen von "Sur la Peute Roche" zu unserer rechten. Obwohl dort (aktuell?) für den Grossteil der Felsformation ein Kletterverbot besteht, dachten wir uns mögliche Linien hinauf auf das Plateau aus. (Infos dazu findet man hier: Link)
Bald verloren wir die Felsen jedoch aus dem Blickfeld und trafen wenig später bei La Combe ein. Von dort aus folgten wir grösstenteils dem Höhenweg nach Loge de Soulce – ein Juratraumort wie er im Buche steht. Mehr Jura geht nicht!
Die Wanderung hinunter nach Undervelier galt definitiv nicht zu den Highlights der Unternehmung. Aber eben – man weiss es erst, wenn man es auch gemacht hat. Zu unserer Enttäuschung fanden wir auch kein Restaurant, welches uns an diesem heissen Frühlingstag im Mai ein Bierchen anbot. Das einzige noch bestehende Restaurant würde erst um 15:30 Uhr öffnen! Für mich unverständlich. Trotz Corona-Lockdown öffnet man die Türen nicht an einem Samstagnachmittag.
Nach einem Schluck Wasser aus dem Dorfbrunnen, entschlossen wir uns noch ein wenig in Richtung Pré de Joux zu wandern und dann hoch nach Rebévelier zu steigen. 300 Höhenmeter, die es in sich hatten. Der Wanderweg ging "straight to heaven".
Wir pokerten damit, in Rebévelier einen Brunnen anzutreffen, um für unser Nachtlager nochmals Wasser besorgen zu können. So war es dann auch. Doch so richtig vertraut haben wir der Aussage des Bauern nicht als wir ihn fragten, ob dies Trinkwasser sein. "Qui, qui", in einer Tonart die mehr an "leck mich am Arsch" erinnerte. Hauptsache die fremden Fözzel ziehen zügig weiter!
Dank unseren Filterflaschen und das anschliessende abkochen des Wassers fehlte es uns an den Folgetagen an nichts. Evtl. lag es auch an dem Alkohol, den wir auf der heutigen Strecke von 28 Kilometern mitgetragen haben und am Abend geniessen konnten.
Nachdem wir Rebévelier hinter uns liessen, fanden wir wenig später eine optimale Übernachtungsstelle, wo wir unser Nachtlager aufbauten. Windstill, nach Westen ausgerichtet, mit Feuerstelle und prächtiger Aussicht auf Undervelier und Umgebung. Wir hatten wirklich den richtigen Riecher bei der Wegfindung. Die Gegend hier war so einsam, dass uns sogar zwei Iltisse besuchten und mitessen wollten.
Sonntag, 09. Mai 2021
Nach einer lauen Nacht sassen wir bereits wieder gemütlich auf den Baumstämmen neben dem Gaskocher, wo wir mit dem noch restlichen Wasser den Frühstückstee zubereiteten. Dank dem Südwind war das Zelt trocken und konnte wieder fixfertig für die Aufbewahrung im Keller verpackt werden.
Nach dem Z'Morge ging es erst mal steil hinunter nach Pichoux, wo wir hofften, unsere Wasservorräte aufzufüllen. Doch Fehlanzeige. Ausser dem Fluss Sorne mit ihren Seitenarmen war kein Brunnen zu entdecken. Der Wasserbezug aus dem Flussbett schien uns dann doch etwas gewagt. Schliesslich weideten ringsherum Kühe!
Wir entschieden uns hinauf nach Sur la Côte zu steigen, wo wir in der Gaststätte schliesslich nicht nur Wasser auftankten, sondern auch einen Kaffee bestellen konnten! Hier genossen wir eine Pause, trotz den starken Windböen, die uns immer wieder von Süden her ins Gesicht pusteten.
Der Weiterweg nach Le Perceux, Pré Chenal und auf der Hochebene nach Le Clos entlang der Montagne de Moutier war wunderschön. Kettenjura pur! Doch mein Highlight des Tages war der Abstieg über den Grat oberhalb der Côte Picard! Ein wunderschöner Grenzweg der Gemeinden Moutier und Roches (BE) auf rund 1.5 Kilometern.
Bald trafen wir auf den Vita Parcours und wenig später auf die ersten Häuser von Moutier. Durch das für mich bisher unbekannte Zentrum von Moutier, wanderten wir schliesslich zu unserem Endpunkt der Tour: Dies war – wie so oft – der Bahnhof. Hier gab es im Shop herrliches Mineralwasser und vorgekühlten Hopfentee. So lässt sich eine Wandertour hervorragend beenden!