Piz Porchabella
Eine zweitägige Bündner-Skitour über den Sertigpass zur Kesch-Hütte und am nächsten Tag auf den Piz Porchabella.
Samstag, 15. Februar 2020
Sandro und ich verbrachten die letzte Nacht bereits in Davos im Hotel Derby. Dieses hinterliess bei uns einen gemischten Eindruck – nicht nur wegen der altmodischen Anlage, sondern auch wegen der Kaffee- und Teebar, welche ein Witz war. So mussten wir unsere Thermosflaschen mit lauwarmem Wasser füllen.
Im gemütlichen Coop-Restaurant gab es dann erst mal ein reichhaltiges Frühstück und viel Kaffee. Dort parkierten wir auch das Auto, denn das Parkieren über die Nacht ist in Davos überall ein riesiges Problem! Die Gemeinde bringt es nicht auf die Reihe, eine kostengünstige Parkmöglichkeit über mehrere Tage für die Touristen bereit zu stellen. Unter 25.- pro Tag kommt man nicht weg. M. E. eine grosse und gewollte Abzocke.
Der Bus Nr. 8 nach Sertig fuhr, wie am Vortag, wieder um 10:00 Uhr. Den Weg in das liebliche Tal kannten wir nun schon von gestern, als wir eine Skitour zur Tällifurgga unternahmen. Heute fuhren wir jedoch eine Station weiter – nach Sand zuhinterst im Sertig-Tal.
Die typische Bündner Gegend präsentierte sich hier sehr authentisch. Die frisch verschneite Flur, die einzelnen typischen Häuser, die farbenfrohen Lärchen auf weissem Hintergrund und dem blauen Himmel. Es war wirklich ein kleines Wintermärchen für die Augen.
Mit montierten Tourenskiern schritten wir das Tal hinauf, bei der Chleinalp vorbei und zum Pt. 1884, wo wir ostwärts ins Chüenalptal gelangten. "Bim Schära" vorbei ging es immer - dem eher flachen -Glattboden entlang, bis wir in der Ferne den Sertigpass (2'738m) erkennen konnten.
Oben auf dem Pass wurden die Felle abgezogen und wir erhielten einige tolle Abfahrtshänge ins Val Sartiv als Dank für den bisher hinter uns gebrachten Aufstieg. Hier in der Talsole machten wir erst mal ausgiebig Brotzeit und genossen das sonnige, milde Wetter.
Der Weg bis zur Kesch-Hütte dauerte noch ein wenig an. Zwar sahen wir die thronende Hütte bereits von weitem, doch das Tal zog sich ganz schön in die Länge. Endlich war die SAC Hütte auf 2'627m erreicht. Die Sonne schien und wir konnten auf der Holzbank draussen die umliegenden Berge bewundern. Wo soll es denn morgen nun genau hingehen?
Wir entschieden uns nach einigen Diskussionen für den Piz Porchabella. Diesen Gipfel sahen wir von der Hütte aus und dieser versprach noch einiges an Kletterei bis zum Gipfel. Pickel und Steigeisen hatten wir ja dabei. Da durfte es schon noch etwas alpin werden.
Heute war der erste Saisontag der Kesch-Hütte. Nur gerade sechs Personen hatten den Weg hinaufgefunden. Jede Gruppe erhielt ein eigenes Zimmer und spätestens nach dem Einheizen des Kachelofens waren alle rundherum happy.
Doch Reto, der Hüttenwart, hatte noch eine Überraschung für die Gäste. Mitten im Flügel des Piz Ela (3'339m) im Südostgrat, klafft ein 2,5 m hohes und 6 m breites Loch – das Ela-Loch. Im Februar und Oktober spielt sich hier ein einmaliges Naturspektakel ab, wenn die Sonne ihre Strahlen durchs Loch ins Tal wirft. Und gerade heute war der Jahrestag, wo sich dieses Spektakel abspielte.
Als die Sonne hinter dem grossen Bergriesen unterging, war die Hütte leer und alle mit Ihren Kameras draussen im Schnee. Es war ein eindrückliches, aber auch kurzes Erlebnis. Wer es verpasste den Auslöser im richtigen Moment auszulösen, hat aber im nächsten Jahr wieder eine Change.
Sonntag, 16. Februar 2020
Den heutigen Tag gingen wir gemütlich an. Frühstück gab es um 07:30 Uhr. Den Abmarsch von der Kesch-Hütte in Richtung der Fuorcla Viluoch setzten wir um 08:15 Uhr an.
Der Aufstieg zur Lücke südlich des Piz Porchabella war technisch einfach. Immer wieder schweiften unsere Blicke auf die umliegende Berglandschaft. Insbesondere auf den Piz Kesch mit der danebenliegenden Aguoglia d'Es-cha, die ich von einer sommerlichen Kletterbegehung her noch kannte. Aber das ist schon viele Jahre her. Zeit, um im Sommer wieder mal in diese phantastische Gegend zu reisen.
Rund eineinhalb Stunden später waren wir auf der Fuorcla Viluoch und ersetzten die Skier mit Steigeisen an unseren Füssen. Wir erstellten ein Skidepot und schritten mit dem Pickel in der Hand weiter zum Pt 2993.
Der steile Aufschwung bis zum höchsten Punkt auf 3'078 Meter brachte uns nochmals ins schnaufen. Doch wir hatten Glück, die Bedingungen des Firns waren perfekt und wir konnten gut mit den Schuhen Stufen treten.
Obwohl der etwas höhere Piz Kesch nicht weit vom Porchabella entfernt war, hatte dieser Gipfel ein gewisses Alleinstellungsmerkmal und bot eine phantastische Rundumsicht. Hier waren wir absolut alleine. Weit und breit niemand und die ganze Abfahrt zurück in die Zivilisation für uns!
Den Abstieg zurück zum Skidepot ging ich sachte an. War der Firn doch steil. Zumindest für jemanden wie mich der dies nicht gewohnt war. Sandro hingegen galoppierte wie eine Gämse runter und drehte sich bis zu meiner Ankunft gemütlich eine Zigarette.
Über den Porchabella-Gletscher (gibt es den noch?) ging die Fahrt südlich der Kesch-Hütte bis zu Pt2450 und dann das Salect-Tal hinunter bis nach Naz. Hier trafen wir das erste Mal auf andere Skitourengänger.
Die Schneeverhältnisse der heutigen Abfahrt konnten unterschiedlicher nicht sein: Mal eisig, mal hart, mal verblasen, mal perfekter Neuschnee und je weiter runter wir fuhren bremsenden Neuschnee!
Der weitere Weg hinunter nach Bergün war entsprechend mühsam. Immer wieder mussten wir "Stöckeln" und obwohl wir nur noch einen dünnen Flies am Oberkörper anhatten, schwitzten wir uns nass. Der Föhn brachte die Temperaturen hier auf geschätzte 10 Grad und setzte dem in den unteren Lagen liegenden Schnee ganz schön zu.
Vom Pt 1473 war dann Schluss mit Skifahren und wir liefen zu Fuss bis zum Bahnhof von Bergün runter. Es war richtiges Frühlingswetter und das Zielbierchen auf der Bahnhofsbank schmeckte vorzüglich. Zum Glück kam der Zug bald, sonst hätte es noch eines gegeben und wir mussten ja noch Autofahren.
Nach einem kurzen Umsteigen in Filisur, kamen wir nach einer wunderschönen Fahrt durch das malerische Bündnerland mit der Rhätischen Bahn wieder in Davos Platz an. Mit dem Auto ging es dann heimwärts bis Landquart, wo sich unsere beiden Wege dann trennten.