Cristallina 2912m
Eine lange Tagesskitour mit Sandro: Von Ossasco über den Passo del Naret, zur Cristallina und zurück über Passo di Cristallina durchs Val Torta bei schlechten Sichtbedingungen.
Samstag, 28. Februar 2015
Ich traf Sandro um 20:00 Uhr in Airolo. Er kam mit dem Zug – ich mit dem VW-Bus. Wir waren beide pünktlich und genossen schon bald in der Pizzeria des Hotels „Des Alpes“ eine gute, ja schon fast italienische Pizza!
Die Nacht verbrachten wir im VW-Bus auf dem Parkplatz in Ossasco im Val Bedretto. In unseren Schlafsäcken, liegend auf dem komfortablen Bettrost des Cali, war das kein Problem. Um 05:30 Uhr schellte uns schliesslich der Wecker wach. Der vorbereitete, noch heisse Kaffee half uns auf die Beine. Um 06:00 Uhr waren wir schliesslich bereits unterwegs zur Alpe di Cristallina.
Das Wetter entsprach noch nicht unseren Vorstellungen. Es schneite und der Himmel war bedeckt. Doch wir dachten uns zu diesem Zeitpunkt noch nichts, schliesslich waren bei allen geprüften Wetterprognosen neun Stunden Sonnenschein vorausgesagt.
Wir kamen zügig voran. Um 07:30 hatten wir die Alpe die Cristallina bereits hinter uns gelassen und bewegten uns im Val Torta vorwärts. Die Aufstiegsspur war verblassen und wir mussten unseren eigenen Weg bahnen (d.h. Sandro tat dies ;-)).
Als wir etwa um halb neun Uhr den Passo del Naret in Angriff nahmen, kamen die ersten Zweifel auf, ob es heute wirklich noch sonnig würde. Noch immer war der Himmel wolkenverhangen und es schneite partiell.
Die abgeklärte, auf die Verhältnisse zugeschnittene Aufstiegsspur auf den Pass, legte Sandro im Alleingang. Es war ein wunderbarer Aufstieg wie auch auf den Fotos zu erkennen ist. Doch leider war der anschliessende Ausblick ins Sasso del Corbo, den Stausee Lago die Naret und die weitere Umgebung nicht so wahnsinnig toll.
Wolkenverhangen, teilweise mit Niederschlag und schlechter Sicht präsentierte sich die Umgebung. Für die Abfahrt zum verschneiten und gefrorenen Lago die Corbo zogen wir die Felle erst gar nicht aus. Zwar war es mühsam die Traverse mit dem haarigen Untersatz zu meistern, doch mit Pizza-Skis kamen wir schliesslich doch am Talboden an.
Dank den hässlichen – oder wäre architektonischem Kunstwerk – Hochspannungsleitungsmasten konnten wir uns im Gelände orientieren. Wir hielten erst die Richtung zum Pt. 2552 und steuerten später immer dem Höhenzug folgend auf den Pt. 2679 zu. Hier wurde die Sicht schliesslich immer schlechter.
Es windete und schneite und wir wollten eigentlich gar keine neun Stunden Sonnenschein mehr. 30 Minuten klare Sicht wäre viel hilfreicher gewesen. Nach einer heiklen Traverse dem Wanderweg folgend, erreichten wir schliesslich den Pt. 2758 oder so ähnlich. Genau wussten wir es nicht mehr.
Zwar trafen wir noch vier weitere Tourenfahrer, welche sich auf der Abfahrt befanden und deren Spuren wir ein stückweit folgten, doch war uns nicht wirklich bewusst und klar, wo wir uns befanden und wo sich der geeignetste Gipfelanstieg befand.
Als Sandro aufgrund der Steilheit die Skis ausziehen und zu Fuss weiter musste, war mir klar, dass wir uns nicht mehr auf der empfohlenen Route befanden. Nach einigen Kraftakten erreichten wir schliesslich um 12:30 Uhr auf 2875m kurz unterhalb des Gipfels den Ostgrat der Cristallina.
Wir waren froh endlich einen Orientierungspunkt erreicht zu haben und entschieden uns, das Gipfelkreuz heute auszulassen. Dem Grat absteigend folgend erreichten wir das offizielle Skidepot und entdeckten noch ein paar Spuren, welche vermutlich von den getroffenen Tourengängern stammten.
Doch diese verschwanden nach einigen Metern wieder. Die Sicht war in der Zwischenzeit dermassen schlecht, dass wir nicht mehr wussten ob es rauf oder runter ging, ob wir noch fuhren oder schon standen. Es ist eine äusserst unangenehme Situation, in ein White Out zu gelangen.
Mit Kompass und GPS-Navi konnten wir in etwa die Richtung ausmachen, um uns langsam in Richtung Passo die Cristallina zu begeben. Die Felle auf den Skiern zogen wir gar nicht ab. Im Schneckentempo fuhren wir schliesslich den eigentlich genialen Nordwesthang der Cristallina runter.
Erleichterung kam mit dem Erblicken der Cristallina Hütte auf. Mit rund zweistündiger „Verspätung“ trafen wir da schliesslich für eine Kaffeepause ein. Die Capanna war geriegelt voll. Etliche SAC-Clubs und Tourenanbieter hatten sich an diesem Wochenende dort einquartiert.
Wir waren froh, in dem Hühnerschlag nicht die Nacht verbringen zu müssen. Zumal das Wetter heute nicht mehr besser werden würde, und für Sonntag bereits im Voraus schlechteres Wetter angekündigt wurde. Doch was die Wetterprognosen wert sind, hatten wir ja heute von der harten Seite her erfahren.
Die Abfahrt zurück nach Ossasco war anfangs ein wenig langweilig dem breiten Tal folgend. Doch ab der Alpe die Cristallina kam richtig Freude auf. Erst durch lichten, dann kompakteren Wald konnte man sich seine Spur ins Tal hinunter bahnen.
Nach einer erneuten Pizza in Airolo, machten wir uns wieder auf den Heimweg. Die Tour sollte uns ein weiteres Mal eine Lehre sein, frühzeitig umzukehren und dem bekannten Aufstiegsweg hinunter zu folgen. Sich bei schlechter Sicht in ein unbekanntes Gelände zu wagen ist oft einfach ein zu grosser Risikofaktor.