Grimsel: Handegg – Räterichsbodensee – Gerstenegg

Kletter-Pfingstwochenende mit Tanja im Grimselgebiet.

Was für ein Sofa! Unterwegs bei der Gerstenegg.
Was für ein Sofa! Unterwegs bei der Gerstenegg.

Freitag, 29. Mai 2020

Endlich Wochenende, endlich Corona-Lockerungen, endlich die Kinder wieder mal ein paar Tage bei den Grosseltern. Auf dieses Pärchenwochenende haben Tanja und ich uns schon lange gefreut. Nun sitzen wir bereits im vollgepackten VW-Bus und fahren in Richtung Luzern um anschliessend über den Brünigpass das Haslital zu erreichen.

Die einmalige Festung Grimsel Hospiz.
Die einmalige Festung Grimsel Hospiz.

Es war gar nicht einfach, ein Ausflugsziel für dieses Pfingstwochenende zu finden. Sämtliche Campingplätze waren noch geschlossen, die Bergbahnen durften den Betrieb noch nicht aufnehmen und die SAC-Hütten, ….na ja, musste unter den herrschenden Corona-Bedingungen nicht unbedingt sein.

Uns war klar, dass wir an Pfingsten nicht alleine unterwegs sind. Einen "wilden" Übernachtungsplatz mit dem Bus zu finden würde schwierig werden und auf eine Nächtigung auf einem Pass oder einem anderen bekannten Hotspot mit dutzenden von anderen Vans und Wohnmobilen hatten wir keine Lust. Zudem war es abends immer noch merklich kühl.

Der ideale Relax-Sessel für die verdiente Entspannung nach dem Klettern.
Der ideale Relax-Sessel für die verdiente Entspannung nach dem Klettern.

Wir buchten uns also für die nächsten Tage im Hotel Bären bei Guttannen im wildromantischen Haslital ein. Die rustikale Unterkunft beherbergt Ihre Gäste schon seit 1803 und kommt entsprechend urchig daher. Einfache, saubere Zimmer mit und ohne Bad sind zu haben – nur zu gross dürfen die Gäste nicht sein. Die Säumer, welche die letzten Jahrhunderte dort einkehrten, bevor es über den Grimselpass ging, waren vermutlich kleinere Artgenossen.

Samstag, 30. Mai 2020 - Handegg

Um uns an die plattigen Granitfelsen des Grimselgebiets erstmal wieder zu gewöhnen, statteten wir dem nahegelegenen Kletterspot Handegg einen Besuch ab. Wir parkten das Auto auf dem hinteren Parkplatz der Seilbahnstation. Auch hier war zur Zeit alles stillgelegt und verlassen.

Olli in den ersten Seillängen der Route Katzenpfad.
Olli in den ersten Seillängen der Route Katzenpfad.

Zu Fuss machten wir uns auf in Richtung des Klettersports und folgten der breiten Kiesstrasse in Richtung Osten bis hinauf zum Felsfuss. Dann folgten wir einem Trampelpfad in Richtung Norden, bis wir in kurzer Zeit den Sektor Oelberg erreichten.

Unsere auserkorene Route trägt den Namen "Katzenpfad", besteht aus 9 Seillängen in denen etwa 250 Höhenmeter geklettert werden und den Schwierigkeitsgrad 4c aufweist. Also ideal, um sich wieder an das Plattenklettern zu gewöhnen.

Die drei Sterne der Kletterführer sind berechtigt. Immer wieder gilt es tolle Risse und Kanten hochzuklettern, zudem sind die Stände top eingerichtet. 


Ein wenig ins Schlottern kam ich auf den Platten trotz des moderaten Schwierigkeitsgrades aber schon, zumal die Hakenabstände teilweise ganz schön auseinander liegen. Doch es war wie bei so vielem eine Vertrauens- und Gewöhnungssache.

Zurück zum Einstieg ging es dann mittels abseilens und hinunterkraxeln. Beim Auto musste erst mal eine kräftige Brotzeit her. Da die Sonne sich für heute schon wieder verabschiedet hatte, waren wir froh im Bus zu futtern.

Die 7. und 8. Seillänge...
Die 7. und 8. Seillänge...
... gehören zu den Bijou der Route!
... gehören zu den Bijou der Route!

Danach machten wir eine Ausfahrt hinauf zum Räterichsbodensee, Grimsel Hospitz und schliesslich ganz auf den Pass. Der Anblick des Hospitz und die mächtige Staumauer – die nun noch höher gebaut wird – ist immer wieder faszinierend.

Zurück im Hotel Bären, gab es erst mal einen Apero in der gemütlichen Badewanne. Der Retrolook des Badezimmers hatte seinen speziellen Charm. Entweder man liebt ihn oder findet es einfach nur fürchterlich. Uns störte es nicht, schliesslich sind wir auch nicht mehr die Jüngsten.

Sonntag, 31. Mai 2020 - Räterichsbodensee

Bereits um 05:00 Uhr stand die Sonne am wolkenlosen Himmel und beleuchtete die umliegenden Bergspitzen in einem grellen Licht. Heute würde ein sonniger Tag werden – juhe!

Auf dem Staumauer des Räterichsbodensees.
Auf dem Staumauer des Räterichsbodensees.

Nach dem Frühstück fuhren wir hoch zum Räterichbodensee. Das Ziel war der Sektor Seeplatten mit seinem polierten Aaregranit, dessen Routen sich direkt oberhalb des Seeufers befanden.

Wir waren früh unterwegs und die ersten, welche sich auf den Weg über die Staumauer auf die Westseite des Stausees begaben. Das Wetter war bis auf die stetige, kühle Bise perfekt. Das wird ein tolles Klettererlebnis werden.

Unser Ziel: Die Seeplatten auf der Westseite des Räterichsbodensees.
Unser Ziel: Die Seeplatten auf der Westseite des Räterichsbodensees.

Doch erst galt es die zwei Schneefelder zu überqueren, welche sich über den Wanderweg gelegt hatten. Gar keine einfache Angelegenheit. Beim zweiten Schneefeld konnten wir die paar Meter unten hindurchgehen. "Normale" Wanderer würden hier auf ein ernsthaftes Problem stossen und wieder umkehren müssen.

Bereits gestern entschieden wir uns für die Route Grims, welche mit 5 langen Seillängen 200 Höhenmeter die glatten Platten hochführt; eben die sogenannten Seeplatten.

Mit einem Schwierigkeitsgrad von 5a war dies nach dem gestrigen Klettertag kein Problem. Immer wieder mussten wir aber innehalten, um die umliegende alpine Berglandschaft zu geniessen. Die Seillängen von Grims sind wirklich traumhaft, die Platten griffig und die Risse handlich. Nur hörte man auch hier den Lärm der dröhnenden Motorrädern, welche zu hunderten an diesem Wochenende den Pass überquerten. 

Tanja in der zweiten Seillänge von Grims.
Tanja in der zweiten Seillänge von Grims.

Nach viermal abseilen waren wir wieder bei unseren Rucksäcken angekommen. Glücklicherweise haben die herumtrollenden Murmeltiere unsere Rucksäcke mit Proviant in Ruhe gelassen. Die wärmende Sonne schien sie abzulenken, viele von ihnen lagen regungslos auf den Steinen und sonnten sich. Vielleicht hielt sie aber auch unser stinkender Ziegenkäse ab näher zu kommen. Diesen und noch viel mehr gab es dann in einer ausgedehnten Mittagsrast an einem windgeschützten Plätzchen.

Tolle Risse...
Tolle Risse...
... und Platten!
... und Platten!

Nach dem Mittag kehrten wir schliesslich zurück ins Hotel, wo es Kaffee und Zwetschgenwähe auf der Terrasse gab. Dann planten wir einen Ausflug auf unseren Fahrrädern. Schliesslich hatten wir unsere Drahtesel extra mitgenommen, weil wir der Ansicht waren, dass der Pass noch nicht geöffnet ist. Doch leider wurde er vor Pfingsten freigegeben, was die Passstrasse für normalsterbliche Velofahrer zur Überlebenstortur machte. Es war mehr Mut gefragt als beim Plattenklettern ;-)

Doch zwischen Guttannen und Urweid gibt es einen wunderschönen Streckenabschnitt, welcher neben der Hauptstrasse dem Tal folgt und Wanderer und Velofahrer frohlockt. Genussvelofahrer wie wir sind, parkierten zeitlich passend das Auto im Haslital und fuhren mit dem Postauto wieder hoch nach Guttannen. So konnten wir anschliessend mit unseren Fahrrädern die tolle Wegstrecke ohne Gegenanstieg hinunterfahren und noch ein Picknick machen.

Biketour am Nachmittag.
Biketour am Nachmittag.

Das Abendessen gab es im Restaurant des Hotel Bären. Nach so viel frischer Luft waren wir hundemüde und schon um neun Uhr im Bett!

Montag, 1. Juni 2020 - Gerstenegg

Den letzten Tag verbrachten wir an der bekannten Gerstenegg unterhalb des Räterichsbodensees. Nach dem Frühstück packten wir alles zusammen und verabschiedeten uns vom Hotel Bären. Wir waren früh unterwegs – die Passtrasse gehörte uns fast allein. In ein paar Stunden würde hier wieder eine Blechlawine rollen.

Dein Einstieg zur Route Momo ist angeschrieben.
Dein Einstieg zur Route Momo ist angeschrieben.

Das Auto parkierten wir beim grossen Parkplatz Chöenzetennlen (1'597m) und folgten dem Wanderweg hinunter zur Aare. Wir begutachteten die östlich ausgerichteten Felswände der Gerstenegg, wo die Sonne gerade in diesem Moment den Wandfuss erreichte. Leute waren auch noch keine unterwegs, wir hatten freie Sektor- und Routenauswahl.

Am Einstieg.
Am Einstieg.
Was für eine Verschneidung :-)
Was für eine Verschneidung :-)

Wir entschieden uns für die Route Momo am nahe gelegenen Sektor Crow. Um dorthin zu kommen überquerten wir die Aare auf der alten Steinbrücke und bogen unmittelbar danach südwärts auf einen schmalen Pfad, welcher durch grünes Dickicht lotste. Dann führte der Weg steil hinauf bis zum Wandfuss.

Tanja in der Route Momo.
Tanja in der Route Momo.

Die Route Momo besteht aus 8 Seillängen und liegt im Schwierigkeitsbereich 5b. Es gilt 320 Höhenmeter zu überwinden, ehe man über die Route wieder abseilt oder den Fussweg in südlicher Richtung für den Abstieg auswählt.

Einmal mehr war das Klettern auf diesem Plattengranit ein Traum. Bombenfester Fels bei bombastischer Aussicht – was will man mehr.

Olli im Aufschwung der 6. SL (5b)
Olli im Aufschwung der 6. SL (5b)

Am Ausstieg wechselten wir unsere Kletterfinken mit den Bergschuhen und liefen via dem Sektor Foxie hinunter zu dem alten Säumerweg, welcher uns über die geschichtsträchtige, wunderschöne Steinbrücke zurück zum Einstieg führte.

Rückkehr zum Parkplatz auf alten Säumerwegen.
Rückkehr zum Parkplatz auf alten Säumerwegen.
Blick zurück auf den Sektor Crow.
Blick zurück auf den Sektor Crow.

Wir gönnten uns eine ausgiebige Mittagsrast und bewunderten einen originellen, ausgewaschenen Stein, welcher sich gleich unterhalb des Chöenzetennlen Parkplatz befindet (Foto). Dann war das Pfingstwochenende auch schon fast vorbei. Die Rückfahrt konnten wir glücklicherweise ohne grossen Stau bewältigen, doch das Verkehrsaufkommen war enorm. Das eingeschränkte Corona-Lockdown war vorbei.

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