Die schlafende Hexe

Klettertour auf Nase und Busen der schlafenden Hexe im Lattengebirge

Beim Gipfelkreuz auf der Hexennase
Beim Gipfelkreuz auf der Hexennase

Dienstag, 03. April 2018

"Der Hexe auf der Nase rumgetanzt…"

Seit meinem ersten Besuch der Berchtesgadener Alpen faszinierte mich die Felsformation der so genannten schlafenden Hexe im Lattengebirge. Der Berggipfel des Rotofen ähnelt aus dem Tal betrachtet einer liegenden Frau und wird deshalb im Volksmund als die schlafende Hexe bezeichnet.

Sowohl aus südöstlicher als auch aus nordwestlicher Richtung ist dabei der Kopf mit dem kantigen Kinn und der markanten Nase sowie die Brust deutlich zu erkennen. Die Brust („Hexenbusen“) wird vom Mittleren Rotofen (auch Signalkopf genannt) gebildet. Der Vordere Rotofen besteht aus dem Grossen Rotofenturm der die Nase bildet, sowie dem Kleinen Rotofenturm welcher das Kinn darstellt.

Auf diese Gipfel führen einfache Kletterrouten, welche Tanja und ich schon lange Mal in Angriff nehmen wollten. Doch ob es bereits so früh im Jahr was werden sollte, wussten wir nicht. Denn in den höheren Bergregionen lag noch einiges an Schnee. Es würde sich also erst vor Ort zeigen, ob die Rinnen und Grasbänder schneefrei waren.

Um halb neun Uhr starteten wir vom Wanderparkplatz bei Hallthurmmoos, welcher auch als Hexenparkplatz bekannt ist. Langsam stiegen wir auf dem Wanderweg Nr. 469 dem Rotofensattel entgegen. Auf den letzten hundert Höhenmetern galt es die ersten Stapfen in den Schnee zu treten. Anscheinend war seit dem letzten Schneefall niemand mehr hier entlang gegangen. 

Beim Aufstieg. Im Hintergrund der Hexenbusen.
Beim Aufstieg. Im Hintergrund der Hexenbusen.

Als wir den Sattel schliesslich erreichten und einen ersten Blick auf die Südseite des Rotofen erhaschen konnten, war klar, dass die Bedingungen gut waren. Die warme Sonne der letzten Tage hatte den Schnee weggeschmolzen und die südlich ausgerichteten Wände und Rinnen waren schneefrei.

Wir umrundeten also den kleinen Rotofen auf der Südseite und stiegen ca. 50 Höhenmeter runter, bis wir die Berchtesgadener Rinne erreichten. Hier richteten wir ein Materialdepot ein und machten uns auf zum Einstieg (Normalweg über die Berchtesgadener Rinne).

Dank unserem 60 Meterseil durchstieg ich die Rinne in einem Durchgang. Anschliessend kletterten wir von der Montgelasscharte in zwei weiteren Seillängen bis zum sehr wenig besuchten Gipfelkreuz. In diesem Jahr war unser Eintrag im Gipfelbuch sogar der erste. Hier oben war es Zeit, sich einmal Gedanken zu machen, wieso diese Felsformation überhaupt als „Schlafende Hexe“ bezeichnet wird.

Abstieg auf der Südseite des kleinen Rotofenturms
Abstieg auf der Südseite des kleinen Rotofenturms
Aufstieg zur Berchtesgadener Rinne
Aufstieg zur Berchtesgadener Rinne

Die versteinerte Hexe am Predigtstuhl erzählt von einer Hexe vor mehr als tausend Jahren, die sich in die Einsamkeit der Gebirgswelt zurückgezogen hatte, weil sie die Menschen und vor allem die Christen und ihre Missionare nicht leiden konnte. Oft trat sie den Gläubigen, die betend über den Hallthurmpass zum Grab des heiligen Zeno heraufkamen, als freundliche Wirtin entgegen. Doch das angebotene Getränk hatte sie vergiftet und so viele unschuldige Menschen um ihr Leben gebracht. Manchmal versteckte sie sich auch an einer Stelle des Weges, wo die Felsen ganz steil abfallen und rollte Steine auf die Wanderer herab. „Wieder einer weniger“, freute sich die Hexe jedes Mal, wenn es ihr gelungen war, einen Christen zu töten. So wollte die böse Hexe den Einzug des Christentums in das Berchtesgadener Land verhindern.

Blick durch die Rinne
Blick durch die Rinne
Tanja unterhalb des Gipfelkreuzes.
Tanja unterhalb des Gipfelkreuzes.

Als der Gottesmann Martinus auch den Weg über den Hallthurm nahm, um den Menschen im Berchtesgadener Land zu predigen, wälzte die Hexe einen schweren Felsbrocken herab. Durch das donnernde Geräusch gewarnt konnte er zur Seite springen und sich in Sicherheit bringen. Die Hexe brachte erneut einen Steinblock ins Rollen. Da hielt Martinus ihr ein grosses Kreuz, das er um den Hals hängen hatte, entgegen. Wie die Sage weiter berichtet, lief im gleichen Augenblick ein Zittern durch das Gebirge und es ertönte ein fürchterliches Grollen wie tausend Donner zusammen. Mit unwiderstehlicher Gewalt wurde die Hexe zu Boden geschleudert und in Stein verwandelt. Martinus aber konnte ungefährdet weiterziehen.

Tanja beim Abseilen
Tanja beim Abseilen
Blick vom Kleinen auf den Grossen Rotofen
Blick vom Kleinen auf den Grossen Rotofen

Den oberen Teil der Nase kletterten wir hinunter bis wir wieder die Montgelasscharte erreichten. Hier seilten wir uns erneut ab und mussten feststellen, dass ein 60 Meter Seil um knappe drei Meter nicht reichte, um an den Einstieg zu gelangen. Entsprechend kletterten wir die letzten Meter frei hinunter.

Nun ging es auf zum Busen der Hexe, welcher trotz dem sehr ausgesetzten Pfad oft besucht wird und ebenfalls ein sensationelles Panorama auf Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Watzmann, Göll, Hochkalter etc. bietet. Hier oben waren wir auch heute nicht alleine. Doch das störte uns nicht weiter, denn wir hatten ja bereits unseren einsamen Gipfel.

Tolles Panorama!
Tolles Panorama!

Als wir wieder zurück auf dem Rotofensattel waren, hatten wir die Idee, weiter zur steinernen Agnes zu wandern und hinter dem Schwarzenberg hinunter zum Hallthurmmoos-Parkplatz abzusteigen. Doch nach etwa einer halben Stunde Schneestapfen mussten wir einsehen, dass der Weg durch den Schnee zu beschwerlich war und wir nicht wussten, was uns an Schneemenge auf dem Pfad noch erwartete. Immer wieder brachen wir in die Schneedecke bis zu den Oberschenkeln ein. So entschieden wir, wieder zurück zum Rotofenpass zu kehren und den gleichen Weg wie beim Aufstieg abzusteigen.

Die Hexe fotographiert Südosten im Februar 2010
Die Hexe fotographiert Südosten im Februar 2010

Kurz vor vier Uhr kamen wir schliesslich wieder beim Auto an. Zum Glück ohne dass die Hexe aufgewacht ist!

Karte

Panoramakarte
Panoramakarte

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