Denti della Vecchia
Klettern an den Zähnen der Alten – Unterwegs mit Dominik in einem Stück Vergangenheit des ersten Klettergebietes im Tessin.
Denti della Vecchia
Wikipedia bezeichnet die Denti della Vecchia einleitend als eine Graterhebung zwischen Monte Bré und Cima di Foiorina; einer Bergkette, die sich von Lugano im Westen bis zum Regagno im Osten erstreckt. Doch die Zähne der Alten sind viel mehr. Das Dolomitklettergebiet ist das kletterhistorisch erste und bedeutendste Tessiner Klettergebiet. Schon Anfang der dreissiger Jahre wurde hier mit Haken gesichert und in Kletterschuhen mit Hanfsohlen geklettert. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg trainierten dann auch viele berühmte ausländische Kletterer und Alpinisten wie André Roch, Emilio Comici oder Ricardo Cassin an den Denti.
Noch heroischer wird die Bergkette im SAC-Kletterführer Tession beschrieben: Die „Denti della Vecchia“ sind eine einzigartige und komplexe kleine Welt, die eine geographische Grenzlinie markiert. Für den Tessiner Alpinismus stellen sie fast eine metaphorische Grenze dar. Am „Senté di cuntrabandée“ (Schmugglerpfad) treffen zwei Welten aufeinander, ein Ausläufer des Dolomits von Südosten und das alpine Kristallin von Nordwesten. An den Denti macht sich ein reiches Repertoire an Bildern, Eindrücken und Geschichten fest, die aus dem „Grigne“ und den Dolomiten kommen, aber der Blick richtet sich immer zum weiten Horizont der Alpen.
Vor allem der folgende Schlusssatz des Buches weckte unser Interesse ungemein: Parallel zu dem, was heute die Gemüter bewegt, wird ein wichtiger Teil der Alpingeschichte unserer Gegenwart
bewahrt und weitergegeben. Nachdem der Glanz der Spits in der die Sonne erloschen ist, gibt der Schatten ein paar alte Haken frei, die vergessen vor sich hin rosten: stimme Schätze und ferne
Zeugen, deren Wurzeln sich niemand mehr bewusst ist.
Keine Frage; diesen Ort mussten wir mal mit Seil und Kletterschuhen besuchen.
Samstag, 24. Oktober 2015
An diesem Samstag nahmen wir schliesslich den langen Weg von Basel in den südlichen Zipfel des Tessins auf uns. Erst kurz vor zehn Uhr starten wir ein wenig oberhalb von Sonvico durch den Buchenwald hoch in Richtung Capanna Pairolo. Wir hatten einige Zeit mit der Parkplatzsuche vergeudet, denn die Parkmöglichkeiten halten sich hier mehr als in Grenzen. Überall hängen „Privato“-Schilder. Zum Glück war Dominik schon mal zum Wandern hier, und kannte entsprechend eine geeignete Abstellmöglichkeit.
Der Aufstieg zur Hütte war kein Problem. Wir staunten immer wieder über die herbstliche Farbenpracht der Blätter und Nadeln an den Bäumen. Die Aussichten waren einfach phantastisch. Zudem war es für Ende Oktober aussergewöhnlich warm, wir konnten den ganzen Tag im T-Shirt unterwegs sein.
Unser heutiger Plan war auf der Bergkette bis zum Sasso Grande zu wandern, und unterwegs an den verschiedenen Kletterspots einige Routen zu Klettern. Wir wählten dabei die folgenden Mehrseillängen-Routen:
- Scalinatella (3c, 4a, 4a)
- Vaiolett (5a, 4b, 4a)
- Sasso Grande Est (5b, 4c, 5b)
Bei der Vaiolett gibt es zu erwähnen, dass die Absicherung der letzten zwei Seillängen um einiges schlechter ist. Eigenes Sicherungsmaterial ist von Vorteil. Auch die Bewertung im 4. Schwierigkeitsgrad erachte ich als sehr moderat!
Auf dem Abstieg konnten wir es nicht lassen, der Hüttenterrasse von Pairolo noch einen Besuch abzustatten. Mit einem gefüllten Boccalino in der Hand, durften wir einen traumhaften Sonnenuntergang mit Alpenpanorama erleben.
Im Schein der Stirnlampen erreichten wir in der stockdunkeln Nacht den Bus. Hier warteten bereits zwei Bierchen auf uns, welche das anstehende Kochen erleichterten und den Durst vom Abstieg löschten. Nach leckeren Spaghetti mit Parmesankäse, liessen wir den Abend bei Musik und einer Flasche Rotwein ausklingen.