Überschreitung Weissmies 4017m (Nordgrat - Südostgrat)

Klassische, alpine Gipfelüberschreitung über den Nord-/Südostgrat mit viel luftiger Kletterei. Tour mit Dominik.

Vorgeschichte
Wie wir auf die Weissmieshütte, unseren Tourenausgangsort kamen, kann hier nachgelesen werden. > Link zum Bericht Jegihorn

Nein, das war vor der Tour! Wir sahen schon vor dem Grat so kaputt aus :-)
Nein, das war vor der Tour! Wir sahen schon vor dem Grat so kaputt aus :-)

Sonntag, 26. Juli 2015

Kurz nach 03:00 Uhr klingelten die ersten Wecker in unserem Schlafraum. Danach füllte sich allmählich der Speiseraum mit schlaftrunkenen Bergsteigern. Um 04:00 Uhr starteten wir schliesslich im Lichte unserer Stirnlampen.

06:00 Uhr. Die Sonne kommt hervor.
06:00 Uhr. Die Sonne kommt hervor.

Der Weg führte hinauf in Richtung Hohsaas, welchen wir auf circa 3000 Meter Höhe verliessen und langsam weiter über das gefrorene Firnfeld zum Lagginjoch (3‘499m) aufstiegen. Allmählich trennten sich die Wege der Gipfelstürmer. Einige schlugen den Normalweg auf den Weissmies und das Lagginhorn ein, einige peilten den Südgrat des Lagginhorns an, und wir - mit etwa vier weiteren Seilschaften - hatten das Ziel, vom Lagginjoch über den Nordgrat den Weissmies zu bezwingen.

Über diesen Grat musst Du gehen.
Über diesen Grat musst Du gehen.

Pünktlich zum Sonnenaufgang um 06:00 Uhr standen wir auf dem langen Grat, welcher sich vor uns in unzählbaren Ranken und Kehren, versetzt mit einigen Gendarmen, hoch zum Gipfel des Weissmies hochschlängelte.

Die zwei kilometerlangen Klettereien, welche den vierten Schwierigkeitsgrat nicht übersteigen, sind sehr vielseitig und abwechslungsreich. Immer wieder galt es plattige Schlüsselstellen zu überwinden oder einen spitzigen Gendarmen, wie z.B. das „Ross“ zu überschreiten.

Dein Hindernis....
Dein Hindernis....

Auch eine kurze Abseilstelle (3m) befand sich kurz hinter dem „blockigen Turm“. Eine weitere kann auf der linken Seite umgangen werden. Allgemein kann die Routenwahl flexibel gestaltet werden. Spätestens wenn es zu schwierig wird, hat man vermutlich nicht den optimalen Weg erwischt :-)

...nach dem Anderen.
...nach dem Anderen.

Nach der markanten „Steinplatte“ wird der Grat einfacher, zieht sich jedoch in die Länge, bis das Klettern ein Ende nimmt und der Firngrat beginnt! Kurz nach 11:30 Uhr erreichten wir schliesslich den Übergang vom Fels ins Eis bzw. in den Firn. Nach einer Pause starteten wir zum Gipfelaufschwung.

Noch ist es nicht geschafft; aber der Gipfel kommt näher!
Noch ist es nicht geschafft; aber der Gipfel kommt näher!

Als letzte Aufstiegsherausforderung galt es noch eine riesige Gletscherspalte unterhalb des Gipfelplateaus zu überqueren. Doch auch dies ging gut und so standen wir wenig später um 12:40 Uhr zu unserem Erstaunen ganz alleine auf der Gipfelkuppe des Weissmieses auf 4017m! Wir konnten es kaum glauben, diesen Gipfel an einem Sommersamstag ganz für uns alleine zu haben.

Olli rutscht das "Ross" hoch...
Olli rutscht das "Ross" hoch...
und Dominik kämpft sich über einen spitzigen Gendarm.
und Dominik kämpft sich über einen spitzigen Gendarm.

Doch unsere Tour war noch längst nicht zu Ende. Eine lange Pause gönnten wir uns nicht. Nach den 5,5 Stunden Klettern war nun der konzentrierte Abstieg angesagt. Am kurzen Seil brachten wir die Überschreitung zum Südgrat hinunter zum Zwischenbergpass hinter uns. Sie bestand hauptsächlich aus einfacher Blockabkletterei (II) und weiter unten mittels Abrutschen auf dem Firnfeld.

Ein herrlicher Grat!
Ein herrlicher Grat!

Doch auch im einfacheren Gelände war Vorsicht geboten. Ich verspürte bereits Müdigkeit und die Kraftreserven neigten sich langsam dem Ende zu. Zum Glück war es vom Zwischenbergpass 3‘268m nicht mehr soweit zur Almagellerhütte (2894m).

Verschnaufpause
Verschnaufpause

Dort angekommen, gab es erst einmal ein grosses, kaltes Panaché! Nur wer mal so eine bergsteigerische Erfahrung gemacht hat, weiss wie viel einem so ein kaltes Glas Flüssigkeit bedeuten kann :-) Danach gab es eine Suppe, bevor wir weiter über die Almagelleralp nach Saas Almagell abstiegen.

Ganz alleine am Gipfel!
Ganz alleine am Gipfel!

Der Abstieg dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Als wir schliesslich im Dorf auf 1'672m ankamen, waren wir über 13 Stunden auf den Beinen, hatten 1‘300 Höhenmeter im Aufstieg und 2‘500 Höhenmeter im Abstieg hinter uns gelegt. Nicht schlecht für einen Sonntag.

Vor uns der Abstieg über den Südostgrat. Rechts unten der Zwischenbergpass.
Vor uns der Abstieg über den Südostgrat. Rechts unten der Zwischenbergpass.

Die Heimreise erfolgte über Saas Grund, Visp, Bern und weiter zurück nach Basel.

Beim Fazit schliesse ich mich meinem Tourenpartner Dominik an, welcher auf Hikr.org das folgende Schlusswort formulierte:


„Tolle und lange Grattour, welche mit dem Südgrat zu einer grandiosen Überschreitung gekoppelt werden kann. Abstieg allerdings lang und fast 2500hm! Das Beherrschen des 4. Klettergrads in Bergschuhen und grosser Höhe ist zwingend und Stürzen keine Option. Grosse Teile des Nordgrats können (und sollten!) am laufenden oder kurzen Seil gegangen werden. Der Grat ist grossteils Clean und muss selber abgesichert werden.“

Die Gesteinsvielfalt in dieser Region ist enorm.
Die Gesteinsvielfalt in dieser Region ist enorm.

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