Die Watzmannüberschreitung
„Eingefasst von den tiefen Furchen des Königsees und Wimbachtals, ist der sagenumwobene Watzmann ein isoliert stehender Bergstock mit bestechender Form und Aufbau. Er, also Vater Watzmann, aber auch seine Frau und die sieben Kinder, sind das absolute Aushängeschild des Berchtesgadener Landes, ein alpines Wahrzeichen von Rang und Publikumsmagnet sondergleichen“, so steht es in einem der vielen Reiseführer. „Wow“ dachte ich, hört sich ja toll an und im nächsten Moment war ich einfach nur enttäuscht, dass ich als Bayerin oder besser aus dem Berchtesgadener Land kommend noch nie da oben war und in meiner Jugend das Bergsteigen immer verpöhnt habe. Aber das sollte jetzt anders werden, ich wollte das packen, ganz nach dem Motto: „Isch kann dat, isch will dat, isch pack dat.“ So entschlossen wir uns schliesslich die ganze Tour an einem einzigen Tag zu machen, was eine zusätzliche Herausforderung darstellte.
Freitag, 01. August 2008
Gesagt getan, die Tour planten wir dann am Schweizer Nationalfeiertag, dem 31. August 2008 und Olli’s Gespür für das richtige Wetter machte das Erlebnis Watzmann zu einem echten Vergnügen. Brav ohne zu maulen sind wir – noch dunkel draussen - um 4.00 Uhr morgens aus den Federn gekrochen und nach einer kleinen Stärkung während der Autofahrt beim Parkplatz an der Wimbach-brücke (624 m) angekommen.
Von dort ging es um 5.15 Uhr auch gleich los. Zuerst durch Wald und Weideflächen vorbei an einer Herde Pferde bis zur Stubenalm, auf der wir gegen 6.15 h ankamen. Der Blick von hier zum Watzmannhaus war hart, kam es zwar doch immer näher, aber lag es trotzdem noch in weiter Ferne. Nichtsdestotrotz ging es mit Gedanken an Kaffee und Gipfeli ziemlich flott voran und wir erreichten das Watzmannhaus in 1928 m Höhe um 7.50 Uhr.
Nach einer kleinen Pause ging es dann wieder weiter (8.25 Uhr), zunächst mässig steigend in Kehren, später etwas steiler über Schrofengelände und dann längs des Grates zum Hocheck (2651 m), wo wir knapp zwei Stunden später (10.15 Uhr) ankamen.
Nach einer kleinen Stärkung (10.35 Uhr) und einem wichtigen Foto – Olli mit Schweizer Flagge zum Gedenken an den Nationalfeiertag - legten wir das Klettergställtli an. Der anschliessende Weg führte uns gut gesichert zunächst den Grat hinab und teils auf Grathöhe, dann wieder etwas tiefer in der Westflanke weiter bis zum Gegenanstieg; zuletzt auf ansteigendem Plattenband zur Mittelspitze, die wir schliesslich um 11.10 Uhr auf 2713 m Höhe unseren zweiten Gipfel erreichten.
Nach einer viertelstündigen Pause (11.25 Uhr) starteten wir schliesslich zu unserem letzten Aufstieg, der etwas anspruchsvoller und meist luftig, auf dem Grat bzw. westlich unterhalb der Gratschneide weiter zur Südspitze führte.
Diese erreichten wir um 12.45 Uhr. Mit 2712 m ist sie nur einen Meter niedriger als die Mittelspitze. Dort gönnten wir uns dann eine längere Mittagspause zusammen mit ein paar frechen Raben, die ständig versuchten, uns das Essen zu stibitzen. Um 13.30 Uhr ging es dann ganz entspannt und relaxt weiter, vor allem, weil der schwierige Teil mit Aufstieg und Klettersteig bewältigt war und der Abstieg bevorstand.
Hätten wir zu diesem Zeitpunkt jedoch geahnt, welch ein Abstieg uns bevor lag, dann wären unsere Gedanken mit Sicherheit anders gewesen. Über steile Felsrinnen, Bänder und Steilabsätze zum oberen Ende eines grossen Schotterfeldes. Weiter durch Schutt auf Steigspuren hinab, über einige begrünte Felsabsätze in Richtung des Schönfelds. Vor allem war es ziemlich stressig, weil kurz nachdem wir mit dem Abstieg begannen, schwarze Wolken am Himmel aufzogen und es anfing zu donnern und zu blitzen. Da wollten wir so schnell als möglich runter, vor allem weil es wenig später auch noch anfing leicht zu nieseln. Aber wir hatten dennoch Glück mit dem Wetter, denn die dunklen Wolken zogen vorüber und Donner und Blitz immer mehr in weite Ferne.
Nachdem wir gegen 16.00 Uhr am Schönfeld (1500 m) ankamen, gönnten wir uns eine kleine stress-freie Pause und liessen uns ein paar Sonnenstrahlen auf den Bauch scheinen. Danach ging es weiter vorbei an grotesken Erosionsgebilden, durch einen imposanten Latschenwald hinab zur Wimbach-grieshütte (1327 m), die wir 40 Minuten später erreichten. Nach einem kühlen Radler, die Füsse an der frischen Luft und einer kleinen Verschnaufpause traten wir dann schliesslich um 17.10 Uhr die letzte Etappe unserer Tour an. Die ermüdende, 11 km lange und wirklich langweilige Talwanderung zur Wimbachbrücke wollte und wollte nicht enden und dauerte immerhin nochmals 1 ½ Std. (Ankunft Auto um 18.40 Uhr). Eigentlich wollten wir noch durch die imposante Wimbachklamm, aber entschlossen uns dann doch direkt zum Auto zu marschieren. Dort zogen wir endlich die Schuhe aus und steckten die glühenden Füsse in die eiskalte Wimbach zum Abkühlen. Nicht gerade ein Genuss, wie man sich vorstellen kann.
Was aber ein wahrer Genuss war, ist die Watzmann Tour, die ich nur jedem empfehlen kann, da es wirklich ein absolutes Erlebnis ist und mit entsprechend Pausen locker auch an einem Tag gemeistert werden kann. Wir sind noch lange nicht am Ende unserer Erkundungstouren in meiner Heimat. Als nächstes stehen Watzmann Frau und Kinder an und noch viele weitere Berge, die wir besteigen möchten.
Orientation
Unsere Tour kurz Zusammengefasst:
04.00 Aufstehen
05.15 Start bei Wimbachbrücke (624 m)
06.15 Stubenalm
07.50 Watzmannhaus (1928 m)
08.25 Watzmannhaus los
10.15 Hocheck (2651 m)
10.35 Hocheck los
11.10 Mittelspitze (2713 m)
11.25 Mittelspitze los
12.45 Südspitze (2712 m)
13.30 Südspitze los
16.00 Auf dem Gries / Schönfeldgraben (1500 m)
16.20 los
16.40 Wimbachgrieshütte (1327 m)
17.10 Wimbachgrieshütte los
18.40 Wimbachbrücke an
Gesamtzeit: 13 Std. 25 Min.
Davon Pausen: ca. 2 Std. 50 Min.
Reine Marschzeit: 10 Std. 35 Min.
Empfohlene/Ausgewiesene Marschzeit 13 Std.