Schlossberg Überschreitung (Südwand-Route)
Eine lange Unternehmung in wildem Gelände auf dem einsamen Riesen zuhinterst im Engelbergertal.
Freitag, 10. August 2018
Das Schlossbergmassiv mit seinen 3000er Gipfeln ist trotz den gegenüberliegenden faszinierenden Spannort-Felstürmen ein echter Hingucker. Bereits von Engelberg aus kann man den Riesen erspähen und erahnen, dass man da oben auf wildes, alpines Ambiente treffen wird.
Wir kannten die Gegend bereits von anderen Unternehmungen und auch in der Spannort Hütte des SAC Uto hatten wir schon mal genächtigt. Doch in der Zwischenzeit wurde diese komplett renoviert und wir waren gespannt, ob sie das heimelige Flair behalten konnte.
Von Engelberg nach Herrenrüti kommend, stellten wir das Auto am Ende der taxpflichtigen Strasse auf dem Parkplatz ab. Hier packten wir unsere Rucksäcke und fuhren mit den Bikes auf der Kiesstrasse hoch bis Stäfeli. Wir waren bereits spät dran und mussten uns beeilen, damit wir pünktlich fürs Abendessen in der Hütte waren.
Die Bikes beim Berggasthaus Stäfelialp abgestellt, schritten wir den steilen Bergweg zur Hütte hoch. Wir waren erfreut, dass der Umbau gelungen ist. Die Balken der alten Hütte wurden in das neue Design integriert und die Räume haben das "Heimelige" behalten.
Samstag, 11. August 2018
Der Blick um 06:00 Uhr aus der Hütte zeigte viele tiefliegende, schwere Wolken. Es herrschte eine hohe Luftfeuchtigkeit und ein bissiger Wind. Da und dort drangen Sonnenstrahlen durch die Wolkenfetzen und liessen die Landschaft surreal aussehen. Hoffentlich würde sich die Sonne bald durchsetzen.
Nach 07:00 Uhr starteten wir in Richtung Schlossberglücke (2'626m). Dort wurden wir mit einem pfeifenden, garstig kalten Wind empfangen und wir zogen alle Kleider an, die wir dabeihatten.
Den Einstieg in die Südwand-Route fanden wir schnell. Man umgeht die zwei Felsen zwischen Lücke und Wand zuerst ost- und dann westseitig. Der erste Bohrhaken ist gut sichtbar und weist den Weg. Die anschliessende Routenführung ist offensichtlich und die Schwierigkeiten sind moderat (10 kurze SL: 3, 3, 3+, 2, 1, 4+, 4+, 4, 4-, 2). Die beiden mit 4+ bewerteten SL sind das Highlight der Route, vor allem der zweite Kamin erfreut mit schönen Spreizmoves.
Wir erreichten Pt. 2790 und querten das unerwartet grosse Schuttgelände. Vermutlich müsste man nach links ausholen und dann über die W-Rippe hoch; doch wir wühlten uns im 4x4-Modus direkt durch die Gipfelflanke und erklettern die letzten Meter zum Gipfel des Hinter Schloss (3'133m) anregend über den obersten, roten Felsriegel (T5, Fels 1-2).
Leider haben sich die Wolken nicht aufgelöst und es windet immer noch, sodass wir bald wieder aufbrechen und dem einfachen Grat zum Vorder Schloss (2'931m) folgen. Ein paar Stellen sind etwas ausgesetzt und kurz vor dem Gipfel umgeht man einen grossen roten Gendarmen nordseitig (T4+).
Die Aussicht vom Gipfel in die wilden Abgründe der SO-Flanke des Schlossbergs ist beeindruckend, ebenso der Tiefblick auf das knapp 2'600m tiefer liegende Erstfeld.
Zum Abstieg gehen wir wieder bis nach dem roten Gendarmen zurück (aber noch ein gutes Stück vor dem Couloir bzw. dem Grat-Steinmann) und steigen im erfreulicherweise halbwegs stabilen Geröll in die Nordflanke (etwas oberhalb von Pt. 2850).
Dann in Richtung Norden absteigend und querend bis zu der markanten Rippe durch Geröllfelder in die Nähe von Pt. 2'593. Irgendwann finden sich dann auch ein paar Steinmännchen bzw. feinste Wegspuren auf der Rippe.
Dummerweise leiten die Steinmännchen auf die Grasrippe orographisch links des Grüentalgrätlis und auf ca. 2200m realisieren wir, dass wir die Abzweigung bzw. Querung nach Norden auf das Grüentalgrätli verpasst haben (wäre wohl zu Pt. 2'268). Daher steigen wir zum Bachbett ab und steigen in einem Grascouloir auf das Grüentalgrätli in der Nähe von Pt. 2'148 auf (T4, Grascouloir T6).
Das Grüentalgrätli ist mit entsprechender Vorsicht gut zu begehen und weist etliche Trittspuren auf. Bei starker Nässe könnte es heikel werden. Wir verlassen den Grat auf ca. 1'700m und gehen über den "Ober Gang" nach Norden, um entlang des Baches im Gebiet "Lauwisiten" den Wanderweg des Surenenpasses zu erreichen (Grätli T5).
Die anschliessende Nacht verbrachten wir auf dem gut ausgebuchten Camping Eienwaeldli ausserhalb von Engelberg. Der 5-Stern Camping hat einiges zu bieten. Wir benötigten jedoch nur einen Platz zum Schlafen und das Camping-Restaurant für das Abendessen.
Fazit
Die Überschreitung des Schlossbergs ist eine lange Tour in wildem und einsamem Gelände. Die Schwierigkeiten beim Klettern an der Südwand sind moderat (4+). Entscheidend ist das Gespür für die Routenfindung im Abstieg (T5/6) durch die unübersichtliche Nordwestflanke; der Abzweig auf das Grüntalgrätli ist schnell verpasst. Hilfreich kann vor allem bei schlechter Sicht ein GPS mit Wegpunkten sein.