Rimpfischhorn 4199m
Über den Normalweg auf einen weiteren Viertausender der Walliser Alpen.
Freitag, 12. August 2016
Ohne Vorbereitungstour und Höhentraining – genau genommen gar kein Training – einen Viertausender zu Besteigen spricht nicht wirklich von einer seriösen Tourenvorbereitung. Doch ich kannte mich. Nach fast vier Wochen Aufenthalt auf Seelevel in Irland traute ich mir die Bergtour trotzdem zu. Die Erfahrung von inzwischen mehr als 10 Jahren im Bergsteigen half mir bei der Risikoeinschätzung und Selbstbeurteilung. Zudem lag das Rimpfischhorn in den Walliser Alpen alles andere als fernab der Zivilisation. Auch Rückzugsmöglichkeiten gab es genügend.
Somit begab ich mich nur gerade drei Tage nach meiner Rückkehr von Irland mit Dominik auf die Zugfahrt nach Zermatt. Der heutige Terminplan war minutiös vorgegeben. Um 13:00 Uhr Abfahrt in Basel, danach in Bern und Visp umsteigen, um dann schliesslich möglichst schnell auf die Sunnegga Bergbahn zu gelangen. Denn um 17:00 Uhr war die letzte Fahrt hinauf nach Blauherd.
Geplant – getan. Kurz vor 17:00 Uhr erreichten wir bereits die Station Blauherd und waren auf dem Weg zum Stellisee (2'537 m). Der Ausblick auf das Matterhorn und die umliegenden Berge war wir erwartet – ja man kann es einfach nicht anders beschreiben – phänomenal. Zumal wir schönes, stabiles Wetter hatten.
Wenig später erreichten wir das Berggasthaus Fluealp. Hier verbrachten wir die Nacht in einem Zweibettzimmer mit Blick auf Stellisee und Matterhorn. Ein Japaner hätte hier vor Aufregung vermutlich kein Auge zugetan. So klischeehaft präsentierte sich die Bergwelt hier oben.
Doch unser Plan war noch ein wenig die Augen zu zutun, denn um 03:15 Uhr war bereits Tagwache angesagt.
Samstag, 13. August 2016
Wir waren nicht die einzigen die im Frühstücksraum anzutreffen waren. Vier weitere Seilschaften machten sich für die Tour auf das Rimpfischhorn bereit. Als letzte Seilschaft machten wir uns kurz vor 04:00 Uhr auf den Weg.
Ohne uns zu beeilen, waren wir jedoch die ersten die an der Pfulwe, dem ersten Fixpunkt der Tour eintrafen. Es war immer noch finster und so liessen wir einem Bergführer mit seinen Kunden den Vortritt für den notwendigen, kurzen Abstieg über den Ostgrat. Dieser war sehr gut mit Fixseilen gesichert und stellte keine Herausforderung dar. Im Nachhinein fragte ich mich sogar, weshalb hier alles so pfannenfertig eingerichtet ist, aber im weiteren Verlauf der Tour die Sicherungen grösstenteils selbst eingerichtet werden müssen.
Die nördliche Umgehung der Pfulwe, so wie sie noch in älterer Literatur beschrieben ist, wird heute nicht mehr empfohlen. Vermutlich will man den Tourengänger mit diesen eingerichteten Hilfen dazu ermutigen, den Ostgrad zu benutzen.
Kurz vor 06:00 Uhr brach der Tag schliesslich an und es wurde heller. Die ersten Sonnenstrahlen beschienen den Tobleronezacken alias Matterhorn und luden immer wieder zum Verweilen und Bestaunen ein. Allmählich traten auch weitere Felsformationen und Berggruppen ins Rampenlicht der Sonne ein.
Zum Glück befanden wir uns zu dieser Zeit am Gletscherwackel und konnten das Spektakel verfolgen. Erst nach dem Längfluegletscher und hinter der Rippe, welche zu Pt. 4001 führte, stieg die bergsteigerische Anforderung und benötigte Konzentration.
Das doch relativ steile Zustiegscouloir brachten wir am kurzen Seil hinter uns und verliessen es etwa in der Hälfte nach links um auf festen Fels zu gelangen. Von dort kletterten wir in meist gutem Fels zum südlichen Gipfel und schliesslich über einen schmalen Grat auf den Hauptgipfel des Rimpfischhorns (4'199m), welchen wir um 09:30 Uhr erreichten.
Wir hatten ausgesprochen gute Verhältnisse bei Auf- sowie beim Abstieg, stabiles und sehr warmes, schönes Wetter. Die Aussicht war entsprechend prächtig und die Welt in Ordnung!
Beim Abstieg merkten wir schliesslich, dass wir in gewissen Situationen doch noch nicht so fit wie die Jahre zuvor waren. So taten wir uns teilweise schwer, die zuvor im Aufstieg seilfrei gekletterten Passagen herunterzuklettern. Auch passierte uns auf dem Längfluegletscher ein Orientierungsverhauer der uns zusätzlich Zeit beim Abstieg kostete.
Doch mit einer Gesamttourenzeit von 11 Stunden waren wir – für unsere Verhältnisse – immer noch gut dabei. Der Hunger war beim Eintreffen im Berggasthaus Fluealp natürlich gross. Das sehr empfehlenswerte Gourmetmenu von Spaghetti mit Riesencrevetten an Chillisauce kam dabei gerade richtig.
Von der Sonne gebrannt, brachen wir schliesslich wieder auf zur Suneggabahn bei Blauherd, welche uns hinunter nach Zermatt brachte. Auf dem Weg zum Hotel Weisshorn gönnten wir uns noch ein Suone-Bier, eine erfrischende Kräuterbierspezialität von Ausserberg.
Eine Pizza und ein kurzer Ausgang in den Strassen von Zermatt beendete den langen, erlebnisreichen Tag. Morgen wollen wir noch etwas unternehmen, dafür benötigt es Erholung.
Nachtrag: Die Tour hatte ich noch lange in Erinnerung. Waren doch meine beiden grossen Zehennägel danach blutunterlaufen und geschwollen. Irgendwann würden diese Nägel ausfallen…