Lochberg
Eine quasi Überschreitung des 3'079 Meter hohen Lochbergs im Furkagebiet. Hochtour auf die beiden Hauptgipfel des Lochbergkamms.
Freitag, 16.08.2024
Für die erste Hochtour in diesem Jahr, zog es Dominik und mich einmal mehr ins Furkagebiet. Der markante Bergrücken des Lochbergs war in der Vergangenheit immer wieder als potentieller nächster Kandidat in unser Blickfeld gerückt. An diesem Freitag war es nun soweit. Es sollte eine einfache Hochtour als Saisonauftakt werden.
Damit wir am Morgen zeitig losmarschieren konnten, fuhren wir bereits am Donnerstagabend auf den Furkapass und übernachteten auf dem Parkplatz Tätsch oberhalb von Tiefenbach.
Nach einer sternenklaren und kalten Nacht starteten wir nach der Morgendämmerung um 06:00 Uhr los in Richtung Albert-Heim-Hütte. Langsam ging die Sonne auf und die Strahlen erhellten die spitzen Zacken der so faszinierenden Bergregion.
Auf der Höhe der Hütte erreichten schliesslich die Sonnenstrahlen auch unseren Weg und das zarte orange Licht lud zum Fotografieren ein. Es kündigte sich ein wunderschöner, sonniger Tag an.
Wir folgten dem ausgeschilderten blauweissen Wanderweg in Richtung Lochberglücke. Nach einem steilen Schlussaufstieg über ein Firnfeld, erreichten wir um 08:00 Uhr den Durchschlupf nach Alprigen.
Nun startete die anfangs einfache Kraxlerei über den Ostgrat des Lochbergs, welcher bis zum Gipfelkreuz bei Pt. 3040 keine wirklichen Schwierigkeiten darstellte (WS, II) und deren Wegführung mit vereinzelten Steinmännchen markiert war.
Ab Pt. 3040 wurde das Gelände anspruchsvoller (WS+/III), die Kraxelstellen ausgesetzter und die Flanken schuttiger. Auch Steinmännchen als Orientierungshilfe waren nicht mehr vorhanden. Bei den steilen Felszacken vor Pt. 3079 (dem eigentlichen Hauptgipfel des Lochbergs) war für uns kein Weiterkommen mehr möglich. An dieser Stelle fanden wir auch eine improvisierte, mehrfach verstärkte Abseilstelle von Tourengängern, welche sich von diesem Punkt hinunter auf das Firnfeld des "Rund Firns" abseilten.
Hinter uns befanden sich zwei weitere Tourengänger auf dem Ostgrad, welche ein Seil mit dabeihatten. Wir beschlossen abzuwarten, bis auch sie diese Stelle erreichten und um uns auszutauschen, wie die Routenführung hier wohl angedacht ist. Die beiden Frauen stiegen schliesslich gesichert weiter bis zur Abseilstelle, um herauszufinden, dass die Distanz hinunter zum Firnfeld für ein Abseilen mit einem 40-Meterseil viel zu weit ist. Früher, als der Gletscher mit Firnfeld noch weiter hochragte, war dies vermutlich eine passable Möglichkeit.
Auch die Umgehung der Türme in der Flanke war aufgrund des schuttigen, instabilen Gerölls keine Option. Wir gehen davon aus, dass dies die Folgen des schwindenden Permafrosts sind. Für uns bürgte diese Variante ein zu grosses Gefahrenpotential.
Es blieb uns nichts weiter übrig als umzudrehen und den gegangenen Ostgrat wieder runter zu kraxeln. Doch so schnell gaben wir uns nicht geschlagen. Etwas südöstlich des Pt. 2946 traversierten wir über steiniges Gelände in die Norflanke und strebten eine Moräne an, um auf dieser in Richtung "Rund Firn" entlang der Nordseite des Lochbergs wieder aufzusteigen.
Der Aufstieg in Richtung Hauptgipfel über das Firnfeld war schweisstreibend. Wir entdeckten noch eine weitere improvisierte Abseilstelle, wo anscheinend andere Tourengänger mehrere Schlingen aneinanderreihten, um so über den Felsabbruch den Firn zu erreichen.
Die ganzen Entdeckungen bestätigten uns, dass eine Routenführung über den Grat, so wie einst, nicht mehr möglich schien. Schliesslich erreichten wir den Felsvorsprung des Lochberg Hauptgipfels (3’079m). Von hier aus folgten wir der Gratschneise bis zum markanten Nordgipfel (3’075m).
Der Abstieg erfolgte über den Westgrat hinunter zur Winterlücke (Pt. 2852). Der erste Abschnitt erforderte einen steilen Abstieg durch ein Geröllcouloir. An der einen und anderen Stelle findet man noch Prusikschlingen, an denen man bei Restschnee über die heikelsten Passagen abseilen könnte.
Bei uns war diese Passage jedoch schneefrei und wir erreichten ohne grössere Probleme den Kessel von Saas. Beim kleinen Wasserbecken bei Pt. 2432, trafen wir schliesslich auf den blau-weissen Wanderweg und folgten diesem weiter in Richtung Albert-Heim-Hütte.
Auf der Hütte gab es dann nach über neustündiger Tour endlich etwas Richtiges zu Essen. Das Wetter war noch immer gut und auch überraschenderweise die Prognose für den morgigen Samstag. So entschieden wir, noch eine Nacht auf dem Parkplatz Tätsch zu verbringen und eine weitere Tour am morgigen Tag zu unternehmen.
Fazit: Die Begehung des kompletten Ostgrats des Lochbergs ist im Schwierigkeitsbereich WS, 2a wie im SAC-Tourenportal nicht mehr möglich. Will man dem Grat konsequent folgen, so ist dies eine ernsthafte Unternehmung und es bedarf einer kompletten alpinen Kletterausrüstung. Der Grat mit den steilen Felszacken ist komplett selbständig abzusichern. Von der Umgehung der Schwierigkeiten in der sehr schuttigen, gefölligen Flanke ist abzuraten. Für das Abseilen auf den "Rund Firn" bedarf es einem langen Seil. 40 Meter reicht vermutlich nicht, ausser man verwendet/baut einen Zwischenstand.
Diese Erkenntnisse sollen von einer Begehung jedoch nicht abschrecken. Mann muss einfach von den richtigen Tourenanforderungen ausgehen und das notwenige Equipment mitnehmen!
Tourendaten: 1’400 Höhenmeter, 14 km, 9 Stunden