Klein Furkahorn 2968m
Alpine Klettertour mit Sandro auf den Vorgipfel des kleinen Furkahorns.
Samstag, 18. Juli 2015
Die Entscheidungsqual eines jeden Bergsteigers bei instabilem Wetterbericht: Sollen wir, sollen wir nicht? Wird es besser? Hält es? Lohnt sich der Anfahrtsweg? Gibt es bessere Alternativen? Die Antwort von Sandro und mir lautete: ja wir gehen und schauen mal. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Auf diese heldenhafte Entscheidung fuhren wir los in Richtung Gotthard. Bei Erstfeld trafen wir uns und fuhren zusammen im Cali weiter in Richtung Andermatt, wo wir im Restaurant des Hotels Monopol-Metropol zum Abendessen einkehrten.
Wir sassen nicht lange im Restaurantgarten, als es zu regnen begann und wir nach Innen zügelten. Als wir kurz nach 22:00 Uhr schliesslich wieder rauskamen, regnete es zu unserem Entsetzen immer noch! Versprach der Wetterbericht auf den Abend doch Wetterbesserung!
Durchs Hospental fuhren wir langsam der Furkapasshöhe entgegen. Der Regen wurde immer stärker und unser Traum vom morgigen Klettern auf trockenem Fels immer kleiner. Auf der Passhöhe angekommen standen wir bei strömenden Landregen in einer dicken Nebelsuppe. So hatten wir uns das nicht vorgestellt!
Bei einem Frustbier studierten wir im Bus den Wetterbericht und die Kletterführer der Schweiz, mit dem Ziel, irgendwo einen trockenen Fleck zu finden, um Morgen wenigsten in einem Klettergarten noch ein paar Seillängen zu steigen. Vor dem Schlafengehen war unser Plan, ca. 06:00 Uhr in Richtung Luzern loszufahren, um in Seewen SZ oder Gersau unser Glück zu versuchen.
Sonntag, 19. Juli 2015
Es war 04:00 Uhr. Ein Auto fuhr die Passtrasse hoch und ich schaute zufälligerweise schlaftrunken hinaus. Interessanterweise spiegelten sich keine Regentropfen im Scheinwerferlicht. Auch die typischen Rädergeräusche der nassen Fahrbahn fehlten. Ich beschloss mal rauszugehen, die Blase zu leeren und mir die Sache anzuschauen.
Der Himmel war komplett wolkenfrei, die Sterne glitzerten am Himmel und der Boden war bereits komplett getrocknet. Ich weckte umgehend Sandro auf. Sollte evtl. doch noch etwas aus unserem Klein Furkahorn-Vorhaben werden?
Wir entschlossen uns zu starten, denn ein Schönwetterfenster wollten wir uns nicht entgehen lassen. Das würde uns im Nachhinein nur ärgern. Den Cali parkierten wir vor der Barriere der Zufahrt zum Bunker oberhalb des legendären Belvédere. Von da aus ging es im Licht der Stirnlampen nordwestlich dem Rohnegletscher entgegen.
Kurz nach 05:00 Uhr wurde es Tag und wir konnten unsere Lichter ausmachen. Doch trotz der Dämmerung suchten wir immer noch den Einstieg in die Route. Unser Plan war es mit der Routenkombination Westplatten(luz)- und Gipfelplatten(luz) auf den Vorgipfel (P2968) des Klein Furkahorns zu gelangen. Erst um 05:30 Uhr passierten wir die südwestlichen Routen und hatten damit einen Orientierungspunkt.
Wir erkannten, dass wir uns viel zu weit oben auf einem Band befanden und die ersten sieben Seillängen der Westplatten(luz)-Route bereits umgangen hatten. Doch das machte nichts, denn weitere 16 Seillängen standen noch an!
So begaben wir uns um 06:00 Uhr unter Aufsicht des örtlichen Steinbockes auf die rauen, griffigen Platten des Furkagranits. Einfache, jedoch herrliche Kletterei bescherten uns die nächsten Stunden. Wenn immer möglich, nahmen wir den schwierigeren Weg, zumal das obere Limit 5a während der ganzen Tour nicht überschritten wurde.
Dazu kam, dass alle Seillängen – und vor allem die Schlüsselstellen – top abgesichert waren. Zwar hatten wir Keile und Friends dabei, doch die bammelten den ganzen Tag gemütlich am Klettergurt umher. Wobei mir ab und zu die Idee kam, die ganze Strecke clean zu klettern. Ich bin überzeugt, dass dies in diesem Gelände möglich wäre.
Eine Unsicherheit kam noch auf, als wir den Einstieg in die Fortsetzungsroute Gipfelplatten(luz) suchten. Filidor schreibt da, dass der Einstieg „blau“ markiert wäre. Das stimmt nicht: Er ist „rot“ markiert. Doch nach ein wenig Ärgern vergnügten wir uns schon wieder am herrlichen Granit.
Kurz nach 09:00 Uhr endete schliesslich unterhalb des Vorgipfels die Kletterroute. Von hier ging es einfach über Blöcke hoch zum Gipfel. Das Wetter hielt sich stabil, die Aussicht war phantastisch und die Stimmung super! Wer hätte das gestern Abend im Bus bei Regenwetter gedacht.
Die Abseilstelle auf der Ostseite des Berges fanden wir nicht auf Anhieb. Wir suchten zu weit südlich. Doch eigentlich befindet sich diese in der ersten Lücke des abfallenden Grates. Sie führt in einem Abseilen hinunter auf ein grosses Schotterfeld, welches im Anschluss mühsam hinuntergestiegen werden muss.
Einzig die faszinierenden Gesteinsformationen und die verschiedenen Gesteinsarten machen den Abstieg hinunter zur Passstrasse ein wenig erlebnisreich. Doch wir wollen nicht klagen. Es war eine volle Genusstour bei tollem, nicht erwartetem Wetter. Furkagranit und Sandro als Seilpartner: gerne wieder!