Egginer
Der klobige Egginer ist ein prächtiger Standort, um die Gletscherwelt des hinteren Saastals zu bewundern. Eine spontane Bergtour mit herrlichem Erlebnis.
Prolog
Das Bergsteigerabenteuer an diesem Wochenende hatten wir uns anders vorgestellt. Am vergangenen hochsommerlichen Freitagnachmittag machten wir uns auf den Weg und fuhren mit dem Zug ins Wallis. In Brig stiegen wir um und fuhren durch den Simplontunnel nach Italien, um in Iselle di Trasquera mit dem Postauto wieder zurück nach Simplon Dorf in die Schweiz zu fahren.
Unser eigentliches Ziel war die Überquerung des Fletschhorns von Simplon Dorf aus über den Breitloibgrat mit anschliessendem Abstieg ins Saastal. Doch nachdem wir am frühen Samstagmorgen die Tour gestartet hatten, wurden wir von Nieselregen heimgesucht, welcher fortan intensiver wurde. Die Felsen mit den Flechten wurden rutschig und verunmöglichten ein Weitergehen. Auf der Höhe von Pt. 2527 entschieden wir schliesslich auf dem Breitloibgrat umzudrehen. Die Enttäuschung war gross.
Zurück in Simplon Dorf gab es erst einmal eine warme Suppe, Brotzeitplatte und zwei grosse Hopfengetränke, um den Frust runterzuspülen und neue Energie zu tanken. Da wir bereits ein Hotel in Saas-Fee gebucht hatten, fuhren wir anschliessend in dreistündiger Reise ins Saas-Tal.
Sonntag, 09. Juli 2023
Um das Beste aus dem Wochenende zu machen, entschieden wir den Gipfel des Egginer (3’369m) zu besteigen. Besser gesagt die beiden Doppelgipfel. Der Egginer ist ein markanter, von sehr weit sichtbarer Felsturm. Er unterscheidet sich sehr stark von den umliegenden mit dickem Eis gepanzerten Riesen. Zusammen mit dem Mittaghorn schliesst er die Talmulde von Saas-Fee im Süden.
Nach dem Frühstück verliessen wir unser Luxushotel Walliserhof Grand-Hotel & Spa in Saas Fee und fuhren von Chalbermatten mit der Gondelbahn hoch nach Plattjen. Bereits hier waren wir von der Aussicht auf die umliegende Bergwelt fasziniert und legten erst einmal einen Fotostopp ein.
Oberhalb der Wandflue schritten wir auf dem blau-weiss markierten Wanderweg südwärts in Richtung Britanniahütte. Vorbei am Mittagshorn und durch das Meiggertal erreichten wir bald den aussergewöhnlich klingenden Ort "Heidefriedhof " auf 2'763 Meter. Von wo kommt wohl der Name her?
Wenig später verliessen wir den markierten Wanderweg und peilten weglos über ein breites Geröllband die Westwand des Egginer an. Auf etwa 3’140m geht das Geröllband in einen Felsriegel über. Aufgrund der Steinschlaggefahr sollte man spätestens hier den Helm anziehen.
Eine Ersteigung des Felsriegels ist an vielen Orten möglich und es gibt zahlreiche Spuren. Ob wir wirklich die ideale Route gewählt hatten, wussten wir nicht. Die Schwierigkeiten schätze ich auf T5/WS. Es waren auch kleine Klettereinlagen bis II notwendig. Ab Pt. 3297 verlief die Route einfach auf dem Süd- später auf dem Südwestgrat. Wie beschrieben, ist der Egginer zweigipflig.
Der klobige Egginer ist ein prächtiger Standort, um die Gletscherwelt des hinteren Saastals zu bewundern. Die Aussicht ist, wie angedeutet, wirklich atemberaubend, vor allem auch deswegen, weil man sehr steil unmittelbar hinab ins Dorf schauen kann.
Wir genossen das Panorama und das grandiose Wetter, bevor wir auf dem gleichen Weg wieder bis zum Wandfuss hinunterstiegen. Dort folgten wir dem schmalen Pfad entlang den hohen Felsen des Egginers bis zum Egginerjoch, wo wir wieder auf den offiziellen Wanderweg trafen.
Über Firn und Eis des Chessjengletschers gelangten wir zur Felskinnbahn, wo eine wunderschöne Bergtour ihr Ende nahm. Von wegen "Ersatzprogramm". Es war eine vollwertige Tour mit ein paar Stellen Nervenkitzel und atemberaubender Rundumsicht auf die Walliser Bergriesen.
Das grossartige am Saastal ist, dass es für mich schnell und einfach mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Von der Bergstation Felskinn auf knapp 3'000 Metern nach Hause benötigte ich dank perfekten Verbindungen gerade mal dreieinhalb Stunden. So macht es Spass!