Altmann Ostgrat und Fähnligipfel
Ein Wochenende mit Sandro im Alpstein mit Übernachtung im Geisserhüttli auf der Furgglenalp.
Freitag, 16. November 2018
Endlich würde es mal klappen! Ein gemeinsames Wochenende im Alpstein hatten Sandro und ich schon einige Male ins Auge gefasst; aufgrund schlechter Wettervorhersagen sind wir jedoch immer wieder auf andere Gebiete ausgewichen, um dort alpine Aktionen durchzuführen. Doch dieses Mal würde es passen.
Als Sankt Galler kannte sich Sandro in der Region bestens aus. Ziele und Übernachtungsmöglichkeiten waren schnell gefunden. Auch der Wetterbericht versprach grossartige Tage. Also nichts wie auf.
Nach der Arbeit fuhr ich sogleich in die Ostschweiz und holte Sandro zu Hause ab. Im Restaurant Unterer Brand gab es noch ein Abendessen, bevor wir über Appenzell nach Brülisau weiterfuhren. Beim grossen Parkplatz der Seilbahn Hoher Kasten parkten wir das Auto und bereiteten uns auf die Zufahrt bzw. den Zustieg auf die Furgglenalp vor.
Sandro hatte zwei Mountainbikes dabei, welche vor allem für eine rasche Rückkehr am Sonntag den Berg hinunter zum Auto gedacht waren. Für die Strecke hinauf zum Geisserhüttli würden wir die Drahtesel jedoch die meiste Zeit schieben müssen.
Es war bereits stockdunkel, bitterkalt und neblig. Zum Glück wusste ich nicht was mich erwartete. Es erschien mir nur auffällig, wie oft Sandro auf der Anfahrt erwähnte, dass es schon sehr steil sein wird, wir es gemütlich nehmen würden und die Bikes auf einem Grossteil der Strecke schieben werden. Tatsächlich war der erste Aufschwung durchs Brüeltobel hinauf nach Platten zum "brüelen" steil. Erst beim Plattenbödeli konnten wir Fahrt aufnehmen in Richtung Furggeln.
Das Geisserhüttli ist im Winter vom alpinen Ski-Club St. Gallen gepachtet in welchem Sandro Mitglied ist. Unsere Übernachtung war mit Viktor dem Hüttenwart abgemacht. Er und eine Familie würden erst am Samstag hinzustossen; diese Nacht hatten wir die rustikale, heimelige Hütte für uns allein.
Als wir den Ofen der eiskalten Hütte einfeuerten war es schon 23:00 Uhr! Doch befanden wir uns bereits auf 1'500 Meter Höhe, somit über der herbstlichen Nebelgrenze und Bergziele für dieses Wochenende gab es en mass um uns herum. Doch noch beim Bierchen vor dem Schlafen gehen entschieden wir uns bereits für eines: Morgen soll es über den Ostgrat auf den markanten alten Mann gehen.
Samstag, 17. November 2018 - Altmann
Wir konnten es heute gemütlich angehen. Als wir um 07:30 Uhr ein erstes Mal herausschauten war es noch schattig und es ging ein kalter stürmischer Wind. Erst mal richtig einheizen, gemütlich Kaffee kochen und kräftig Frühstücken.
Doch auch als wir uns gegen halb zehn auf den Weg machten, liess der kalte Wind nicht nach. In Daunenjacken gekleidet, mit Mützen und Handschuhen ging es der unangenehmen Biese entgegen in Richtung Bollenwees.
Der Fählensee auf 1'447 Meter war noch nicht gefroren, aber die Sonne würde erst wieder im nächsten Spätfrühling auf der Wasseroberfläche glänzen. Wir folgten dem traumhaften Wanderpfad weiter über die Fählenalp in Richtung Altmannsattel. Immer mit unserem Ziel, dem Altmann-Ostgrad im Blickfeld.
Das Wetter war traumhaft und das herbstliche Licht gab der einsamen Landschaft einen speziellen Charakter. Im Sommer ist hier die Hölle los, doch heute waren wir allein unterwegs.
Wenig später verliessen wir den Wanderweg und gingen geradewegs auf das Schotterfeld der Ostwand zu. Nach ein wenig kraxeln erreichten wir mühelos den Grat und die Einstiegsstelle. Die Bohrhaken glitzerten in der Sonne und die Aussicht auf das unter uns liegende Nebelmeer war traumhaft.
Doch es war kalt! Wegen dem Wind wärmte sich der Fels nicht auf und schnell verloren wir das Gefühl in den Fingern. Bereits in der Hälfte der ersten Seillänge musste ich unterwegs die Handschuhe anziehen! Zum Glück war die Kletterei im 3. Schwierigkeitsgrad (Stellen IV) moderat und die Sicherungsmöglichkeiten gut, sonst wäre die Kletterei in den Bergschuhen mit Handschuhen schon fordernd geworden.
Für die sieben Seillängen wechselten wir uns im Vorstieg ab. So hatte der Sichernde die Möglichkeit, die Finger in den Handschuhen aufzuwärmen. Der Vorsteiger kletterte jeweils ohne Fingerwärmer.
Nach dem offiziellen Ausstieg ging es auf den letzten Metern einen steilen Kamin hinauf, ehe wir den Hauptgipfel auf 2'435 Meter erreichten. Hier gab es erst mal eine längere Pause und wir genossen das herrliche Panorama rings um uns herum.
Der Abstieg hinunter zum Altmannsattel war nicht ohne. Es gab Eis- und Schneepassagen zu überqueren und wir hatten keinen Pickel dabei. So packten wir das Seil nochmals heraus und sicherten uns an den (viel zu kurzen !?) Eisenstiften. Erst einmal auf dem offiziellen Wanderweg, waren die weiteren ausgesetzten Passagen oberhalb der Steilflanke optimal abgesichert.
Auf dem Weg hinunter nach Häderen kreuzte uns noch ein stattlicher Steinbock. Er hatte sich den Winterspeck schon angefressen und genoss wie wir nochmals die wärmende untergehende Abendsonne.
Vom Kamin des Geisserhüttlis trat bereits Rauch empor. Viktor und die Familie hatten es sich gemütlich gemacht und es war angenehm warm. Nach einem durstlöschenden Tourenbier begannen wir sogleich mit der Zubereitung des Abendessens. Es gab Salat und Spaghetti mit Tomatensauce. Wir hatten uns bereits im Vorfeld abgesprochen und so hat jeder der Anwesenden was mitgebracht.
Das Leben auf dem Geisserhüttli ist einfach, urchig und gemütlich. Weit weg von Fernseher, Radio und LED-Licht kann man hier richtig abschalten. So verbachten wir einen weiteren heimeligen Abend im Alpsteingebirge.
Weitere Fotos vom Samstag, 17. November 2018
Sonntag, 18. November 2018 - Fähnligipfel
Die gestrige Tour lag uns ein wenig in den Knochen. So waren wir über 10 Stunden unterwegs gewesen. Doch auf eine weitere Tour bei perfektem Herbstwetter wollten wir auf keinen Fall verzichten.
Wir entschieden uns dem Fähnligipfel oberhalb von Bollenwees einen Besuch abzustatten. Die Route über das Alte Südplättli der Widderalpstöcke ist ein Klassiker schlechthin und im unteren Schwierigkeitsgrad mit sieben Seillängen (3b, 4b, 4b, 4a, 1, 4a, 4c) in den Bergschuhen gut zu bewältigen.
Nach dem Frühstück machten wir uns erneut auf zum (winterbedingt geschlossenen) Berggasthaus Bollenwees. Von hier schritten wir nordwärts hinauf zur Hundsteinhütte des SAC Säntis und weiter zu den Felswänden der Widderalpstöcke.
Der Einstieg lag auf etwa 1'780 Meter und war nicht auf Anhieb zu finden. Doch schliesslich standen wir um halb elf am ersten Bohrhaken und erstellten ein Depot. Dann stieg ich in die erste Seillänge ein. Als ich den Stand erreichte, stellte ich fest, dass ich mein ATC nicht mitgenommen hatte. Er musste sich noch beim Depot befinden.
So durfte Sandro nochmals runtersteigen und mir das fehlende Material bringen. Ohne das ATC-Set wären die Sicherungen mühsam geworden, da sich daran auch noch zwei Karabiner befanden, welche gefehlt hätten.
Danach ging es ohne Zwischenfälle weiter. Wir überschlugen uns an den Standplätzen und jeder durfte vorsteigen. Es war eine herrliche Genusskletterei in bestem Kalkfelsen und prächtigem Herbstwetter oberhalb des Nebelmeers! Und heute war es um einiges wärmer als gestern am Altmann. Ein Pullover genügte und die Handschuhe blieben im Depot.
Wir kamen schneller zum Gipfel als gewünscht. Einige Seillängen in diesem harten, rauen Kalkstein wären willkommen gewesen. Doch wir wollten es nicht übertreiben, schliesslich musste wir heute ja wieder nach Hause fahren.
Am Gipfel hatte es doch tatsächlich eine metallene Fahne. Was hatte diese wohl mal für einen Zweck?
Das viermal Abseilen ging flott von statten und bald befanden wir uns wieder am Einstieg. Den Weg zurück zu Hütte brachten wir ebenfalls schnell hinter uns. Doch leider zog der Nebel hoch und das Geisserhüttli befand sich beim Eintreffen bereits in der Suppe.
So tranken wir das Tourenbierli im noch immer warmen Hüttenraum. Danach wollten wir gutgelaunt mit den Bikes losfahren. Doch zu unserem Entsetzen hatte mein Vorderrad einen Platten! Ich hatte es erst gar nicht bemerkt, da die Federung so weich war.
Da wir keine Pumpe dabeihatten, blieb mir nichts anderes übrig als das Bike den ganzen Weg wieder runterzuschieben. Das kostete natürlich Zeit und so erreichten wir das Auto in Brülisau erst im Dunkeln. Doch der Platten zum Schluss des Wochenendes schmälerte die grossartigen Erinnerungen an die zwei tollen Touren keineswegs. Ich bin überzeugt, dass wir beim nächsten Zusammenkommen Witze über die Aktion machen werden. Denn wer schiebt schon sein Bike auf den Berg hinauf und wieder hinunter. Und dies im steilen Brüeltobel?